© Franz Braun / Kreisky © Franz Braun / Kreisky
31 August

Keine Trotteln

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Der Auftritt von Kreisky ist einer der Höhepunkte des Volksstimmefestes am Sonntag. Im Volksstimme-Interview stellt sich die Band neben nostalgischen und aktuellen auch zachen und aufg’legten Fragen.

Endlich wieder Volksstimmefest! Endlich wieder Geburtstag feiern, wie annual so oft und schön seit dem ersten Mal zum einjährigen Bestehen unserer Zei­tung im August 1946. Neben Weltrekorden im Gewichtheben, Schach-, Fußball- und Judoturnieren, Moto-Cross-Hindernisspringen (!) und Box­veranstaltungen war das Volksstimmefest immer auch ein Fest der Kultur des Austausches. Unter vielen anderen Gäst:innen beehrten etwa Franz Buchrieser, Georg Danzer, Jazz-Gitti, Elfriede Jelinek, Beauty Milton, Christine Nöstlin­ger, Ostbahn Kurti & die Chefpartie, Erika Pluhar, Dean Reed und das Volksopernballett unseren Geburtstag, der sich – mit des Öfteren über 100.000 Besucher:innen – tatsächlich zu einem veritablen Volksfest ausweitete. Bis 1989 war jedes Jahr das Feuerwerk der traditionelle Höhepunkt der Feste. Ein Feuerwerk musikalischer Art stellt 2021 der Auftritt von Kreisky dar. Wir haben die Band – vertreten durch Klaus Mitter (Schlagzeug, Perkus­sion) und Franz Adrian Wenzl (Stimme, Orgel, Synthesizer; auch bekannt als Austrofred) – zum Interview gebeten.

Die Nostalgie-Frage: Was bedeutet euch das Volksstim­mefest und welche Erinnerungen daran habt ihr? FRANZ ADRIAN WENZL: Meine Haupt erinnerung ist, dass es körperlich immer ein Tschoch war, wenn am Samstag auch noch der Gürtel-Nightwalk war. Und dann erinnere ich mich noch an ein Konzert, schätzomativ 2002 mit Gelée Royale, der Quasi-Vorgängerband von Kreisky, das sehr läs­sig war. Und es ist einfach ein guter Ort mit guten Leuten.

Die aktuelle Frage: Auf welche Künstler:innen am Volksstimme-Fest 2021 freut ihr euch? KLAUS MITTER: Auch wenn das jetzt boch’n klingt, aber im Großen ehrli­ cherweise auf alle. Endlich wieder Festival, endlich wieder Menschen, endlich wieder andere Musiker:innen auf und hinter der Bühne. Im speziellen natürlich besonders auf Fuzzman, mit welchem wir doch zwei unserer sechs Studio alben aufgenommen haben. Das ist ein Drittel und somit nicht nichts. FRANZ ADRIAN WENZL: Ja, ich muss auch sagen, wenn ich was aus der Coronazeit mitnehmen möchte, dann wirk­lich wie offen ich ein Konzert annehme. Ich schau grad wirklich gern jeder und jedem zu, der/die irgendein Instrument in der Hand hält und mit mir kommuniziert. Musikrichtung zweitrangig.

Die Definitionsfrage: Es gibt euch seit 2005, wenn jemand euch gar nicht kennt, wie wäre 2021 eure Eigendefinition? FRANZ ADRIAN WENZL: Klassischer Pop-Rock mit allerdings ausgeprägten ge ­schmack lichen Tics. Oder halt einfach Rock.

Die Definitionsfrage im Kontext des Volksstimme-Fests (nachfolgende Künst­ler:innen sind im Laufe der Zeit oft, manche unzählige Male aufgetreten): eher E.A.V., Karel Gott oder Sigi Maron?

KLAUS MITTER: Im Kontext des Festes natürlich Sigi Maron, auf persönlicher Ebene lautet die Antwort aber eindeutig E.A.V. Diese musikalischen wie inhaltlich brillianten Kuckuckseier, die in den 80ern via Chartserfolg in die Haushalte und Hirne gespült wurden und so erst ihre subversi­ven Kräfte entfalten konnten: Chapeau.

FRANZ ADRIAN WENZL: Ich bin ja wirk­lich davon überzeugt, dass man den Tho­mas Spitzer [Texter und Komponist der E.A.V., Anm.] in hundert Jahren so zitieren wird wie Wilhelm Busch.

Die zache Krisenfrage: Mit Atlantis (Wohnzimmer Records) erschien euer letztes Album 2021 mitten in den Lock­down hinein. Gingen eure Strategien auf, es trotzdem sinnvoll in die Öffentlich­keit zu bringen? KLAUS MITTER: G’hupft wie g’hatscht, könnte man sagen. Erraten konnte man die Öffnungsfenster sowieso nicht, und nach dem zweiten Mal verschieben von Veröffentlichungs- und Tourplänen stellt sich eine gewisse Schmerzbefreitheit ein. FRANZ ADRIAN WENZL: Wir haben ja auch den Vorteil gegenüber einem jungen Act, dass wir relativ etabliert sind. Wenn mal bei einer Veröffent­lichung was nicht hundertprozentig klappt – ja mei! Es hat aber eh super geklappt, ein Album im Jänner mitten im Lockdown raus­zubringen, weil die Zeitungen hatten ja trotz­dem ihre drei Seiten Kulturberichterstattung, und wenn nichts los ist auf den Bühnen, schreibt man halt über eine Kreisky-Platte.

Die Produktionsmittelfrage: Ihr habt einen sehr unabhängigen Zugang zum Musikbetrieb und erntet gezielt die Früchte der jahrelangen arbeitssamen Aussaat. Dabei macht ihr vieles – zum Bei­spiel die graphische Gestaltung – selbst. Was würdet Ihr einer jungen Band raten, um einen ähnlich gelassen Zustand zu erreichen?

FRANZ ADRIAN WENZL: Ja, also wenn wer in Richtung Superstar neigt, dann sollte er lieber nicht bei uns nachfragen. Wenn wer zufrieden seinen Stiefel machen will, dann würd ich schon sagen, viel selbst machen, hands on, das macht schon einfach Freude. Und immer die Musik machen, die einen grad selbst interessiert. Und nette Leute suchen, keine Trotteln, dann sind auch die Mühen der Ebene lustig bis erträglich. Solides Essen auf Tour. Ausreichend Schlaf. Keine Trotteln im Umfeld haben. Ah ja, hab ich schon gesagt, ist aber auch wichtig.

Die aufg’legte (freche) Frage zum Schluss: Ihr wisst ja, wer uns verraten hat. Was würde euer Band-Namenspatron dazu sagen, dass ihr seinen Mythos agratt am Volksstimmefest glänzen lässt?

KLAUS MITTER: Als Spross einer gutbür­gerlichen Industriellenfamilie hat Bruno Kreisky ja selbst den Rösslsprung rüber in den Sozialismus vollführt. Ein Über-Sozi, der am Kommunist*innenfest spielt, da kommt uns die Distanz weniger weit vor, insofern: why not?

Interview: Holger van Dordrecht (mit Dank an the Groop und Ilse Grusch).

Kreisky

Volksstimmefest, Sonntag, 20:15 Uhr - Jura-Soyfer-Bühne

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