Das Brexit-TTIP-Schlupfloch Waltraud Fritz-Klackl Orig. Foto: greensefa CC BY 2.0 / Flickr
18 Juli

Das Brexit-TTIP-Schlupfloch

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Die neue britische Premierministerin Theresa May hat erklärt, nicht vor Beginn des Jahres 2017 Verhandlungen mit der EU über den Brexit aufzunehmen. Gut und schön, im Lissabonner Vertrag ist ja festgelegt, dass jedes Land selbst den Zeitpunkt eines allfälligen Austrittsantrags bestimmen kann.

Die Begründung aber, die uns Ms May liefert, gibt mehr als nur zu denken: Zuerst nämlich will das Vereinigte Königreich Freihandelsabkommen mit den USA und China abschließen, also ein TTIP zwischen GB und den USA unter Dach und Fachbringen, bevor es dann mit Europa über diverse Verträge, Sonderregelungen etc. spricht.

Das TTIP-Freihandelsabkommen ist hier in Österreich wie in ganz Europa zu einem Kampffeld geworden. Die sozialen, ökologischen und anderen fortschrittlichen Bewegungen und Parteien wehren sich gegen dieses neoliberale Handelsdiktat. Die Gegenbewegung wächst, selbst Parlamente und einzelne Regierungen werden nachdenklich; auch viele Medien halten sich nicht mehr an das Schweigegebot und informieren, wenn wie gerade jetzt wieder TTIP-Verhandlungen anstehen. Der beharrliche Widerstand der AktivistInnen, die vor etwa zwei Jahren mit einer europaweiten Unterschriftenaktion begonnen haben, und dem sich seither viele Organisationen sowie linke und grüne Parteien angeschlossen haben, zeigt Erfolge und es gibt die reale Chance, dieses Freihandelsabkommen zu verhindern.

Aber ein Schlupfloch tut sich auf: Zwischen den nun »alleinstehenden« Briten und den USA wird ohne großes Tamtam ein TTIP-artiges Freihandelsabkommen geschlossen – und schon ist TTIP durch die Hintertür, man möchte fast sagen durch den Kanal, in Europa gelandet. Wie geht das?

Großbritannien wird selbstverständlich u. a. ein Freihandelsabkommen mit der EU bekommen. Da braucht's für einen USA Konzern dann nur noch einen Firmensitz – falls nicht bereits vorhanden: Ein Briefkasten mit GB-Adresse tut’s auch – und schon ist die Sache geritzt, tut sich für das Finanzkapital dank der britischen Premierministerin eine neue Chance auf. Und die Millionen Menschen in Europa, die das Freihandelsabkommen mit den USA ablehnen, können einmal mehr ignoriert werden.

Und während Schäuble auf der einen Seite bereits an neuen Aufrüstungsplänen einer Kern-EU unter franko-deutscher Führung arbeitet, die jetzt ohne die Briten umso leichter machbar ist, die nicht mehr ständig auf der Bremse steht, bringen sich die britischen Eliten bei ihren europäischen FreundInnen mit dem »Geschenk« TTIP nachdrücklich in Erinnerung. (War da nicht mal was von »timeo Danaos«...) Es geht halt nichts über alte Seilschaften. Und die EU wird sich sicherlich mit entsprechenden Gegengeschenken revanchieren.

Und so kann man – wenn man der »richtigen«, nämlich der herrschenden Klasse angehört – auch aus einer (vorübergehenden) Schlappe noch das eine oder andere Schnäppchen herausholen.

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