Steuermänner: Frauen über Bord Bärbel Danneberg Orig. Foto: Naval Surface Warriors, CC BY-SA 2.0 / flickr
21 November

Steuermänner: Frauen über Bord

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Wohin steuert Österreich? Das Gewässer ist trüb. Noch blickt niemand auf den türkis-braunen Grund der zwischen ÖVP/FPÖ ausgeworfenen Angelruten. Ob ein alter Schlapfen dranhängt oder ein Hecht im Karpfenteich sich räuberisch auf kleine Fische stürzt – wir wissen es bislang noch nicht. Wir können nur vermuten, dass wie bisher Frauen über Bord gekippt werden.

Der Rechnungshof hat die Steuerreform 2015/16 unter die Lupe genommen und ein eklatantes Gefälle zwischen den Geschlechtern bemerkt. Demnach haben von den 4,5 Milliarden steuerlicher Entlastung Frauen nur zu einem und Männer zu zwei Drittel davon profitiert. In Zahlen: Frauen lukrieren im Durchschnitt 460 Euro und Männer 800 Euro steuerliche Entlastung pro Jahr. Der Rechnungshof fragt weiter, inwieweit steuerliche Entlastungen bewusst so gestaltet werden, dass Frauen keinen Anreiz oder keine Möglichkeit sehen, Vollzeit erwerbstätig zu sein. Denn als Grund zwischen dem geschlechtsspezifischen Gefälle werden neben den ohnedies geringeren Erwerbseinkommen Teilzeitarbeit und steuerliche Begünstigungen für Überstunden genannt, die dem männlichen Erwerbsverhalten entgegenkommen.

Die Aussicht, dass sich mit dem angestrebten Koalitionsübereinkommen etwas zugunsten weiblicher Erwerbseinkommen ändert, ist ebenso trüb wie die Sicht auf bevorstehende Klimaveränderungen. Das von der FPÖ favorisierte Steuersplitting bevorzugt Haushalte mit hohem (traditionell männlichen) Einkommen. Für Mittelstandfamilien mit einem Haupternährer ist das vielleicht reizvoll. Für (alleinerziehende) Frauen mit Betreuungspflichten oder Haushalte, die auf zwei Einkommen und flankierende Maßnahmen zum Überleben angewiesen sind, wäre das fatal. Ebenso für spätere weibliche Pensionsabsicherungen. Das männlich-weibliche Überlebensscharnier wäre somit fest verschlossen. »Ich hoffe, Sie haben im Landhaus einen netten Raum mit viel Spielzeug und eine gut ausgebildete Fachkraft für Kinderbetreuung«, schrieb eine Mutter aus Oberösterreich an die Gemeindeväter, die dort regieren. Die haben nämlich das Nulldefizit und eine zehnprozentige Kürzung auf alle Ressorts, auch der Kindergartenbetreuung am Nachmittag, auf ihre schwarzblauen Fahnen geschrieben.

Mir fällt zu alldem der Witz von den gleichen Chancen ein: Ein Fisch und ein Affe bekommen die gleiche Aufgabe, nämlich auf eine Palme zu klettern. Das ist wohl die Art von »Gleichberechtigung«, die FPÖVP im Sinn haben. Die in der »Formulierungsphase« (VP-Chef Kurz) steckenden Koalitionsverhandlungen sind ein rechtskonservativer, reaktionärer Kurz-Schluss. Da fliegen hoffentlich die Funken bei den Nachdenklichen.

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