Bildquelle: Volksstimme 2025
Peršmanhof: Mit Polizei, Hund & Helikopter gegen antifaschsitische Bildung
Von Mirko Messner
Der Kärntner Peršmanhof, im Süden Österreichs hoch über Eisenkappel/Železna Kapla gelegen, unterstützte den antifaschistischen Widerstand der slowenischen Partisaninnen und Partisanen in dieser Region. In den letzten Kriegstagen wurde er vom SS- und Polizeiregiment 13 in Brand gesetzt, elf seiner Bewohner und Bewohnerinnen – vom Baby bis zur Oma – wurden massakriert. Nach dem Krieg wurde das Hauptgebäude vom Verband der Kärntner Partisanen und Partisaninnen wieder aufgebaut, ein Museum des Widerstands eingerichtet, das heute – nach grundlegender Erneuerung – vom Verein/Društvo Peršman betrieben wird. Tausende aus dem In- und Ausland hatten es bereits besucht, viele an laufend organisierten Bildungsseminaren vor Ort teilgenommen. Am 27. Juli wurde ein antifaschistisches Bildungscamp, federführend veranstaltet vom Wiener Klub slowenischer Studierender, durch eine massive Polizeiintervention unterbrochen.
Am 1. August 2025 folgten Hunderte dem Aufruf des Vereins/Društvo Peršman, des Klubs slowenischer Studierender (Klub slovenskih študentov in študentk na Dunaju) sowie des Verbands der Kärntner Partisanen und Partisaninnen (Zveza koroških partizanov) vor der Kärntner Landesregierung. Sie demonstrierten gegen den Übergriff der Polizei am Peršmanhof. Zuvor und danach gab es Protestdemonstrationen auch in Wien und Linz. Angesichts unzähliger Solidaritätserklärungen mit den Betreibern und Betreiberinnen der Gedenkstätte am Peršmanhof und des antifaschistischen Bildungscamps sowie breiter medialer und politischer Resonanz, reichend von unangenehmer Berührtheit bis zur Empörung, kann eines auf jeden Fall festgehalten werden: Der polizeiliche Übergriff ist den Regisseuren desselben gewaltig um die Ohren geflogen. Was immer sie damit bezweckt hatten, eines haben sie erreicht, wenn auch nicht in ihrem Sinne: Der Peršmanhof hat im In- und Ausland an Bekanntheit gewonnen, das darin befindliche Widerstandsmuseum in der Folge wohl die höchste Besucherfrequenz seit seiner Gründung. Und sonst? Eine eilig einberufene »multiprofessionelle« Kommission des Innenministeriums ist dabei, die Scherben zu sortieren, mehr ist zur Zeit nicht bekannt. Der sichtlich schockierte Landeshauptmann Peter Kaiser kündigt klärende Gespräche (worüber?) auch auf Landesebene an. Die Befehlskette bleibt – zumindest bis zum Tag der Drucklegung dieser Volksstimme – im Dunkeln.
Es ist ja nicht so, dass die Kärntner Rechten in Politik und Exekutive für ihr Tun unbedingt eine Empfehlung der EU-Geschichtsrevisionisten benötigen, sprich des dominanten Bündnisses von EU-Liberalen mit den EU-Neofaschisten und Neofaschistinnen. Die Kärntner Hardcore-Rechten sind seit eh und je die Homebase der hierorts nach wie vor hegemonialen (deutschnationalistischen und antikommunistischen) Denkfiguren, mit sozialdemokratischen und ÖVP-Leuten vom jeweiligen rechten Parteiflügel und seit nicht ganz so langer Zeit mit Kärntner slowenischen Adabeis im Vorzimmer. Der EU-generierte historische Revisionismus – sprich die Gleichsetzung kommunistischer Regime mit faschistischen, des Faschismus mit Antifaschismus, die schweigende bis laute Akzeptanz ex- und neofaschistischer Tendenzen und Aufmärsche im Baltikum und anderswo (am jüngsten Konzert des Ustascha-Propagandisten Thompson in Kroatien mit einer halben Million Zuschauern waren nach Pressemeldungen 18.000 aus Österreich dabei), der Banderisten in der Ukraine, die neofaschistische Machtübernahme in Italien usw. – ist in einen europäischen Trend eingebettet. Der Kärntner Revisionismus ist schon die längste Zeit mittendrin.
Die Nazis, so die Rede der Kärntner Rechten, haben – Gott sei´s geklagt –, »den Kärntnern« nichts Gutes getan, aber wirklich schlimm waren die »kommunistischen Partisanen«, und alle, alle waren Opfer und Täter gleichermaßen, usw., usw. Der antifaschistische Auftrag der österreichischen Verfassung wird darin aufgelöst, so wie das antifaschistische Erbe auf europäischer Ebene auch. In diesem europäischen Makro-Kontext kann der Mikro-Kontext des polizeilichen Übergriffs auf dem bzw. gegen den Peršmanhof verstanden werden. Alle offiziellen Begründungen dafür – angebliche Verstöße gegen Naturschutzgesetz, gesetzwidriges Kampieren und anderer Blödsinn – sind nur lächerlich. Die Intervention Dutzender Polizeibeamter, mit Beamten des Landesamtes für Staatsschutz und Extremismusbekämpfung, des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, mit Hund und über allem darüber kreisenden Hubschrauber waren in ihrer unglaublichen Militanz eine länger vorbereitete, vier Stunden andauernde Inszenierung zur Einschüchterung der am antifaschistischen Bildungsseminar Teilnehmenden. Es wurden Ausweise kontrolliert, Anzeigen verfasst, in das Gebäude eingedrungen, ohne jeden Respekt vor dem Gedenkort, ohne Rücksicht auf geltende Gesetze (siehe den Beitrag von Andreas Pittler), die Artikel 7 und 9 des Österreichischen Staatsvertrages verhöhnend. Übrigens: Unter anderen war auch der Völkermarkter Bezirkschef Gert-Andre Klösch »in Assistenz« des Polizeiübergriffs dabei. Dieser hatte schon vor Jahren dem politisch breit aufgestellten Antifaschistischen Netzwerk Kärnten/Koroška sämtliche Prügel vor die Füße geworfen, um die erste größere Demonstration gegen den Ustascha-Auftrieb bei Bleiburg/Pliberk zu verhindern – allerdings ohne Erfolg.
Einschränkend: Den oben angesprochenen – weniger in den Medien, aber vor allem in mittleren Politiketagen nach wie vor hegemonialen – Kärntner Denkfiguren wird in diesem Bundesland in letzter Zeit öffentlich, furchtlos und ziemlich wirksam widersprochen. Vom Museum des Kärntner slowenischen Widerstands am Peršmanhof, in vielen Aktionen (z. B. der Initiative Domplatz), von den erfolgreichen Ausstellungen des WerkStattMuseum/delavnicaMUZEJ im Margarete Schütte-Lihotzky Haus usw., und – was die Kärntner Nachtwächter wohl besonders schmerzt –, durch den progressiven Kurswechsel ihres traditionsreichen ideologischen Schlachtschiffes »Landesmuseum Kärnten«, jetzt kaernten.museum. Die dort noch bis Ende Oktober laufende, sorgsam aufbereitete Ausstellung über den Nationalsozialismus in Kärnten ist dem Vernehmen nach die bestbesuchte seit Gründung dieser Institution. Und erweiternd: Unter diesem Gesichtspunkt ist die polizeiliche Inszenierung am Peršmanhof eine Racheaktion. Sie sollte ein Schuss vor den Bug antifaschistisch gesinnter Jugendlicher und jener sein, die die Übernahme der Denkfiguren der Kärntner Rechten verweigern. Und sie sollte das Widerstandsmuseum am Peršmanhof in Verruf bringen: So viel Wirbel, so viel Polizei und Hund, und Helikopter – da muss etwas Krummes laufen am Peršmanhof. Wurscht was, auf jeden Fall etwas Krummes … Dass der Schuss nach hinten losgegangen ist, ist wiederum die Rache der Dialektik. Sie sei bedankt.
Resümee: Dreierlei wurde von den Demonstrierenden vor der Kärntner Landesregierung gefordert: Restlose Aufklärung, Konsequenzen und öffentliches Bedauern. Aufklärung über die politische Verantwortung, politische und dienstrechtliche Konsequenzen für die Verantwortlichen, sowie eine öffentliche Entschuldigung bei den betroffenen Organisationen und Personen, die das antifaschistische Bildungsseminar am Peršmanhof organisiert oder daran teilgenommen hatten. Nichts davon ist bisher passiert.