23 September

WIEN WIRD LINKS: Kommunalpolitik beginnt im Grätzl

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In Wien werden am 11. Oktober nicht nur ein neuer Gemeinderat, sondern auch 23 neue Bezirksvertretungen gewählt. LINKS kandidiert in Kooperation mit der KPÖ für alle Gremien, es geht um 100 Mandate auf Landesebene und je nach Größe der Bezirke um 40 bis 60 BezirksrätInnen. Was bedeutet Kommunalpolitik in den Farben der U-Bahnlinien U2 und U3, Lila-Orange?

Eine kleine Auswahl von HEIDE HAMMER und HOLGER VAN DORDRECHT.

Am 11. September startete die LINKS-Roadshow ihre LINKE-Tour durch die Bezirke, der Beginn wurde zwischen den großen Museen, am Maria-Theresien-Platz gesetzt, am 3. Oktober wird am Praters­tern, einem vermeintlichen Hotspot urba­ner Gefahren, das Finale gefeiert.

II

Hier im sehr beliebten 2. Bezirk zeigt sich die verfehlte Orientierung der Wiener Stadtpolitik besonders deutlich: Während marginalisierte Gruppen wie Obdachlose und MigrantInnen vom Praterstern ver­trieben werden, gibt es eine immer ausge­dehntere kommerziellen Nutzung der Kaiserwiese, die gleich daneben liegt. Die rege private Bautätigkeit führt zum Ver­lust von Freiräumen und einer Privatisie­rung von öffentlichen Flächen. JOSEF IRASCHKO, seit 2005 Bezirksrat der KPÖ in der Leopoldstadt und auch diesmal Spit­zenkandidat im Bezirk, hat in jahrzehnte­langer Arbeit als MieterInnen-Berater und Leiter des Mieterselbsthilfezentrums der KPÖ-Wien (MSZ) Expertise und Bekannt­heit erlangt. Daher lautet seine erste For­derung auch »Schluss mit den befristeten Mieten!«, ein Missstand, den es in Öster­reich seit 1994 gibt. An 3. Stelle kandidiert ISABEL FREY, sie schenkte bereits den Donnerstagsdemos gegen die Türkis-Blaue Regierung einen Protestsong: »Daloy Politsey/Nieder mit HC und nieder mit der neuen ÖVP«. Isabel ist nicht nur in diver­sen sozialen Bewegungen aktiv, sondern auch jiddische Sängerin in der Tradition der jüdischen Arbeiter*innenbewegung: »Im Kampf gegen Faschismus, Antisemitis­mus und Rassismus steht für mich die Solidarität mit Geflüchteten, Muslim* innen und anderen Minderheiten an oberster Stelle.«

XVII • XVIII • XIX

In der Bezirksgruppe Hernals-Währing-Döbling sind neben vielen Polit-Neulingen auch einige erfahrene Aktivist*innen tätig, eine auch altersmäßig diverse Gruppe, die vielleicht gerade deshalb von Beginn ihrer wöchentlichen Treffen an mit öffentlichen Aktionen in Erscheinung getreten ist. Ihr Protestzelten am Elternleinplatz machte schon im Juli auf die Schwerpunkte Woh­nen, öffentlicher Raum und Verkehr auf­merksam. Die dahingehenden Forderungen umfassen eine Umgestaltung des Elterlein­platzes und die vergemeinschaftete Nut­zung der Räumlichkeiten des Postsport ­platzes. Eine inklusive Gestaltung dieser Orte wäre die Voraussetzung für Partizi ­pation und Selbstverwaltung. Community Projekte und ein proaktiver MieterInnen­schutz sind besonders in der Aussicht auf steigende Mieten durch die Errichtung der U5 erforderlich.

XVIII

Spitzenkandidat im 18. Bezirk, ANDRAS DARADICS, IT-Techniker und Studieren­der der Skandinavistik, ist fasziniert von Sprachen und Dialekten, beschreibt sich selbst als »ethnischer Ungar aus Rumä­nien«, der deshalb bei LINKS aktiv ist, weil er für alle Menschen ein gutes und gesi­chertes Leben erkämpfen will.

XVII

Im 17. Bezirk kandidiert an erster Stelle ISA KNILLI, die als Kleinkind aus Prag nach Wien gezogen ist. Isa erzählt, dass sie bis zu ihrer Pubertät stark von der tsche­chischen Community geprägt worden war. Nach ihrer Matura reiste sie zwei Jahre umher, verbrachte viel Zeit in Nicaragua, arbeitete mal hier mal da und begann danach ihr Studium der Europäischen Eth­nologie. LINKS braucht es aus Isas Sicht deswegen dringend in Wien, weil es auch 2020 noch immer nicht selbstverständlich ist, dass alle tatsächliche Chancengleichheit genießen und damit Diskriminierung und Ausgrenzung der Vergangenheit angehö­ren. Auch bei Fragen der Verkehrspolitik setzen die LINKS-AktivistInnen im Westen Wiens auf Querverbindungen: Buslinien sollen ebenso wie ein Radhighway von der Billrothstraße zum Yppenplatz den Auto­verkehr reduzieren, gemeinsam mit einem Ausbau der Citybike-Stationen am Rande der Bezirke, um die Erholungsgebiete im Wienerwald besser erreichen zu können.

IV

Auf der Wieden, im 4. Bezirk, kandidiert eine starke feministische Gruppe. Die Akti­vistInnen sind zwischen 18 und beinahe 80 Jahre alt und kommen aus verschiede­nen politischen Kontexten. An erster Stelle kandidiert AMELA MIRKOVIC, (ex-grüne) und aktive Bezirksrätin, die seit 22 Jahren in ihrem Traumbezirk lebt, sich diesen aber nur leisten kann, weil sie im Gemeindebau wohnt. Amela ist LINKS, damit die vielfältigen Ressourcen des Bezirks tatsächlich für ALLE Men­schen und Gruppen zur Verfügung ste­hen. Ihr folgt auf der KandidatInnenliste ANNA LÁSZLÓ. Sie beschreibt sich selbst als typisches Wienerkind mit osteuropäi­schem Migrationshintergrund, vielspra­chig, vielfach interessiert und enthusias­tisch, früh durch ihre alleinerziehende Mutter politisiert und seit Jahren in ver­schiedenen linken Zusammenhängen aktiv. HELGA WOLFGRUBER auf Platz 3 ist Therapeutin, Kommunistin und auch in diesem Bezirk nicht die einzige Volks­stimme Redakteurin, die sich aktiv in die Bezirkspolitik einmischt.

X

FLORIAN BIRNGRUBER, Bundeskoordi­nator der KPÖ, steht an der Spitze der LINKS Bezirksgruppe Favoriten. Diese formuliert vier zentrale Programmpunkte für den größten Wiener Gemeindebezirk mit rund 200.000 BewohnerInnen. Neben leistbarem Wohnraum und einer Konzen­tration der städtebaulichen Maßnahmen auf Gemeinnützigkeit, fordern sie auch ein demokratisches Favoriten, denn annä­hernd 40 Prozent der hier lebenden Men­schen haben kein Wahlrecht. Für einen sozialen und tatsächlich grünen Bezirk braucht es weder helle Bepflasterung noch Bekiesung – so zeigt sich nämlich der auch von Birgit Hebein gelobte, neu­gestaltete Reumannplatz (siehe Beitrag im Heft, Seite 25). Vielmehr will LINKS auch in Favoriten Baulücken zu Grünflächen umwidmen, Anbauflächen für lokale Gemüse- und Obstgärten freigeben und konsumfreie Zonen im öffentlichen Raum schaffen, die auch für Jugendliche attrak­tiv sind. Um eine gute Gesundheitsversor­gung für alle in Favoriten Lebenden zu gewährleisten, fordert LINKS 100 neue Kassenstellen für niedergelassene Ärzte und Ärztinnen. Gemeinsam mit Florian stehen auch die Psychologin CLELIA MOLINA XACA, die bislang vor allem in den Bereichen Flüchtlings- und Bildungs­politik aktiv war, und die Studentin NATALIE RETTENBACHER ganz vorne. Für Natalie ist klar: »Wir haben genug Platz und Ressourcen für alle Menschen. Die Dinge müssen nur gerechter verteilt werden.«

IX

Unter dem Titel: »Endlich LINKS wäh­len« präsentiert die Bezirksgruppe Alser­grund ihre KandidatInnen und politischen Ziele. Im 9. Bezirk liegen bürgerliche Ecken, Armut und Verzweiflung nahe bei­einander. Gleich neben der gehobenen Gastronomie im Servitenviertel ist das Polizeianhaltezentrum (PAZ) Roßauer Lände, in dem Menschen aufgrund fehlen­der Aufenthaltspapiere inhaftiert und von hier aus abgeschoben werden. LINKS will nicht nur, dass dieses Gefängnis geschlos­sen wird, sondern solidarisiert sich mit den Kämpfen Geflüchteter um Bewe­gungsfreiheit und setzt sich für das Men­schenrecht auf Mobilität ein. Die Spitzen­kandidatin KATARZYNA WINIECKA verbrachte zwei Jahre ihrer Kindheit in Traiskirchen anstatt im Kindergarten. Sie kennt die Diskriminierung bei Behörden, in der Schule und am Arbeitsplatz aus vielfältigen eigenen Erfahrungen und kämpft als politische Aktivistin wie als Künstlerin für die Rechte, die Würde und die Solidarität aller Menschen. Ebenso wie der Historiker MANFRED MUGRAUER, für den der antifaschistische Widerstand der Vergangenheit und der gegenwärtige Antifaschismus zusammengehören. Mit LINKS wird eine starke Stimme gegen Rechtsextremismus und Rassismus im Bezirksrat vertreten sein.

XX

Nur durch den Donaukanal getrennt liegt der 20. Bezirk, die Brigittenau. Auch hier ist ein Drittel der BewohnerInnen von den Wahlen ausgeschlossen, die Lebenserwar­tung zählt zu den niedrigsten der Stadt und die Mieten steigen rasant. LINKS fordert daher: Gesetzliche Mietobergren­zen in der gesamten Stadt, bevorzugt wird die Nutzung bestehender Gebäude vor Neubau, wozu als erster Schritt eine Leer­standsabgabe eingeführt werden soll.

LINKS-20 fordert den Erhalt des Lorenz-Böhler-Spitals, mehr Kinderärzte und -ärztinnen für den Bezirk sowie mehrsprachige Hauskrankenpflege nach dem Vorbild von »Community Nursing«. Zudem sind gerade hier eine bessere Ausstattung der Schulen und die Auflö­sung der diskriminierenden »Deutsch­förderklassen« dringend geboten. Im 20. Bezirk wird sehr anschaulich, dass Verkehrspolitik auch Klima-, Gesund­heits- und Sozialpolitik ist. Nicht einmal drei von zehn Personen besitzen hier einen PKW, trotzdem gehört auch dieser Bezirk den Autos. LINKS steht für umfassende Beteiligung von Bewohne­rInnen in Verkehrsfragen, den Ausbau der Radinfrastruktur, breitere Gehsteige und mehr Zebrastreifen. Im Lockdown war lange Zeit der Augarten gesperrt, LINKS will eine Öffnung der Gärten und Grünoasen nach den Bedürfnissen der Menschen vor Ort und eine effektive Verkehrsberuhigung, deren Beginn Tempo 30 auf allen Hauptverkehrs ­straßen markiert.

XXI

Auch in Floridsdorf steht ein buntes Team von LINKS AktivistInnen zur Wahl. Der Arzt, Gewerkschafter und frü­here Sozialdemokrat CHRISTOPH BAUMGÄRTEL fordert ebenso eine bes­sere Gesundheitsversorgung im Bezirk, wie er sich generell für mehr Vertei­lungsgerechtigkeit einsetzt. Mit KARO­LINE MATH, Bildungswissenschafterin und Sozialpädagogin, verfügt die Gruppe über umfassende Expertise in den Berei­chen Bildung und Soziales. Karoline kommt ebenso wie die Sozialarbeiterin CLAUDIA KRIEGLSTEINER täglich mit vielen Kindern und Erwachsenen in Kontakt, die zu wenig zum Leben haben. Deshalb fordern sie: »Gleiche Bildungs­chancen für alle Kinder« ebenso wie eine »Bedingungslose Existenzsicherung für alle«. Claudia im Nachsatz: »Klingt nach sozialistischer Utopie? Genau. Aber mit Euch machen wir das zur Realität! Mach ma. Mit Links.«

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