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Spuren von Margarete Schütte-Lihotzky in Wien Michael Graber FOTO: MM

Spuren von Margarete Schütte-Lihotzky in Wien

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Buchbesprechung von Michael Graber

Wenige Wochen vor ihrem 125. Geburtstag ist der von Christine Zwingl herausgegebene Band über jene Spuren erschienen, die Margarete Schütte-Lihotzky in Wien hinterlassen hat. Nun gibt es zwar schon zahlreiche Publikationen von und über Schütte-Lihotzky, eine Biographie, ihre Erinnerungen aus dem Widerstand oder das Buch Wie ich Architektin wurde, ein Werkverzeichnis und wissenschaftliche Sammelbände über ihr Leben und Wirken. Was das neue Buch auszeichnet, ist die akribische Darstellung der Orte und Werke in der Stadt, in der sie lernte, studierte und in der sie sich den Großteil ihres Lebens nach Krieg und Befreiung aufhielt.

Das Buch versammelt Beiträge der jüngst verstorbenen Ulli Jenni (»Schütte-Lihotzkys Wohnungen in Wien«), von Bernadette Reinhold (»Zur Schul- und Studienzeit einer künftigen Architektin«), von Christine Zwingl (»Der große soziale Aufbruch« und »Weiterleben in Wien 1947 bis 2000«), von Elisabeth Holzinger (»Widerstand und Gefangenschaft«), von Bärbel Danneberg (»Nicht nur Küche«) sowie Renate Allmayer-Beck und Chiara Desbordes (»Reise in die Vergangenheit« mit einem Interview des ehemaligen Direktors des MAK Peter Noever). Ein Gespräch mit der Familie Stransky führt in das familiäre Umfeld Schütte-Lihotzkys ein.

Wie bekannt, litt die kommunistische Architektin, die sich neben der berühmt gewordenen »Frankfurter Küche« mit Wohnbauten im Roten Wien und Kindergärten in der Sowjetunion einen Namen gemacht hatte, unter dem Boykott der Gemeinde Wien in der Nachkriegszeit des Kalten Krieges, sodass in Wien aus dieser Zeit nur wenige öffentliche Bauten von ihr zu finden sind, darunter zwei Wohnhausanlagen im zweiten und dritten Bezirk und zwei Kindergärten im 11. und 20. Bezirk und der Sozialtrakt des Globus-Hauses der KPÖ am Höchstädtplatz. Alle Bauten Schütte-Lihotzkys in Wien stehen inzwischen unter Denkmalschutz.

In einem Stadtplan sind alle Bezugspunkte, die an ihr Leben erinnern, eingezeichnet: Bauten, Wohnungen, Orte ihres architektonischen und politischen Wirkens. Erfreulich ist, dass es darüber hinaus auch zahlreiche Erinnerungsorte gibt, die im Buch aufgelistet sind: Das MAK, wo sie in der Dauerausstellung vertreten ist und ihr Nachlass aufbewahrt wird und Orte, die Schütte-Lihotzkys Namen tragen, so die ehemalige Frauen-Werk-Stadt in Floridsdorf, ein Park in Margareten, ein Hörsaal in der TU Wien, ein Weg beim Kindergarten in Simmering; und nicht zu vergessen: das Ehrengrab am Zentralfriedhof.

Der Schütte-Lihotzky-Raum, der seit 2014 in der Frauenhetz im 3. Bezirk bestand, wurde zugunsten der langjährigen Wohnung in der Franzensgasse in Margareten aufgegeben, die ebenfalls unter Denkmalschutz steht und öffentlich zugänglich gemacht wurde. Eine Zeittafel über das Leben, eine Liste der Ehrungen Schütte-Lihotzkys, eine Auswahlbibliographie und zahlreiche Fotos ergänzen das sorgsam zusammengestellte, informative Buch.

Christine Zwingl (Hg.): Margarete Schütte-Lihotzky. Spuren in Wien. Wien: Promedia Verlag 2021, 199 Seiten, 23 Euro.

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Gelesen 2572 mal Letzte Änderung am Donnerstag, 03 Februar 2022 11:36
Michael Graber

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