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Dank feministischer Unterstützung, höherer Wahlbeteiligung trotz widriger Umstände und aus Angst vor einem rechtsextremen Kandidaten tritt Gabriel Boric am 11. März 2022 als neugewählter Präsident Chiles an. Der 35-Jährige steht für die Generation, die das Erbe des einstigen Diktators Augusto Pinochet beseitigen, das neoliberale System beenden und den derzeit stattfindenden, verfassungsgebenden Prozess vorantreiben möchte.

 

Von Hannah Katalin Grimmer

»No pasarán« (Sie werden nicht durchkommen) – dieser berühmte Ausruf wurde in Chile im Zuge der Präsidentschaftswahlen 2021 wieder zum Leben erweckt, insbesondere durch Feminist* innen. Im Jahr 1936, zu Beginn des Spanischen Bürgerkriegs, rief die kommunistische Abgeordnete Dolores Ibárruri damit zur Verteidigung der Republik und zur Mobilisierung gegen die faschistischen Truppen unter General Francisco Franco auf.

In Chile war der Auslöser, dass José Antonio Kast von der selbstgegründeten Partido Republicano de Chile (Republikanische Partei Chiles) mit 27,91 Prozent der Stimmen das beste Ergebnis im ersten Wahlgang am 21. November 2021 erzielt hatte. Die Sorge war groß, dass der rechtsextreme Kandidat der nächste Präsident des Landes werden könnte. Mit 25,83 Prozent folgte an zweiter Stelle Gabriel Boric, der für das Parteienbündnis Apruebo Dignidad (Ich stimme für die Würde) antrat.

Dieses Ergebnis war in Anbetracht der Meinungsumfragen, die Boric zumeist vorne gesehen hatten, erstaunlich und für jene, die sich Veränderungen für das Land wünschten, ein Schock. Seit dem Ende der zivil-militärischen Diktatur unter Augusto Pinochet im Jahr 1990 war es die erste Wahl, bei der weder das Mitte-Links-Bündnis Concertación de Partidos por la Democracia (Pakt der Parteien für die Demokratie, später Nueva Mayoría) noch das Mitte-Rechts-Bündnis Alianza Por Chile (Allianz für Chile, heute Chile Vamos) dominierte. Auch aus diesem Grund wurde die Wahl als richtungsweisend bezeichnet.

 

Befreiung vom Erbe der Diktatur

Kast, der ultrarechte Kandidat, trat zur Verteidigung der Diktatur, die er als Militärregierung bezeichnete, und des neoliberalen Wirtschaftssystems an. Boric hingegen repräsentiert eine neue politische Generation, die gegen eben dieses System ankämpft. Es ist die Generation, die seit der Schüler*innenbewegung im Jahr 2006, der so genannten »Revolución pingüina« (Revolution der Pinguine), sowie der Studierendenbewegung des Jahres 2011 den öffentlichen Raum und den politischen Diskurs verändern. Sie wollen die Transition zu einem Ende bringen und das Land vom Erbe der Diktatur befreien. Über raschenderweise ging Boric aus der Stichwahl am 19. Dezember 2021 als Sieger hervor. Mit 35 Jahren ist er der bislang jüngste gewählte Präsident des südamerikanischen Landes.

Die Wahl wurde außerdem als maßgebend bezeichnet, weil sie vor dem Hintergrund eines sozialen Aufstands stattfand. Im Oktober 2019 wurde das gesamte Land von einer sozialen Bewegung erfasst, die nicht einmal die Pandemie hat beenden können. Als Konsequenz daraus fand im Oktober 2020 ein nationales Referendum statt, in dem sich die Mehrheit der Teilnehmenden für die Konstituierung einer verfassungsgebenden Versammlung aussprach. Es ist das erste Mal, dass eine Verfassung in Parität und unter Beteiligung der indigenen Bevölkerung erarbeitet wird.

Kast bemühte sich sehr, diesen Prozess zu diskreditieren. Mit Slogans wie »Trau dich« oder »Alles wird gut« vermittelte er, dass Chile durch den sozialen Aufstand in einen furchteinflößenden Ausnahmezustand gerutscht sei, den es zu beenden gelte. Die frühere Ordnung müsse wiederhergestellt werden. Dabei beschwor er alte Geister des Kalten Kriegs: Boric bezeichnete er als Kommunisten und ließ verlauten, wäre Pinochet noch am Leben, hätte dieser ihm seine Stimme gegeben. Seinem Vorbild Donald Trump nacheifernd, wollte er einen Graben zur Abwehr von Migrant*innen im Norden Chiles einrichten lassen, und ebenso wie der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro wetterte er gegen Abtreibungen, sexuelle Diversität und gleichgeschlechtliche Ehe. Erst im Dezember 2021 hatte das chilenische Parlament ein Gesetz zur Legalisierung dieser verabschiedet.

Mit einer Rhetorik der Angst schien Kast in diesem Land extremer Ungleichheit zunächst erfolgreich zu sein. Das Ergebnis des zweiten Wahlgangs war auch deshalb unerwartet. Ungewiss war zudem, wie der Tod von Lucía Hiriart, Witwe Pinochets, drei Tage vor der Stichwahl, Einfluss nehmen würde. Außerdem wies der erste Wahlgang auf ein konservatives bis rechtes Wahlergebnis hin, denn auch der drittplatzierte Franco Parisi mit 12,80 Prozent vom Partido de la Gente (Volkspartei) und der viertplatzierte Sebatián Sichel mit 12,78 Prozent von Chile Podemos Más (Chile, wir können mehr) waren Kandidaten des rechten Spektrums.

 

Die Ursachen des Wahlsiegs

Seit 2012 ist Wählen in Chile ein freiwilliger Akt und die Wahlbeteiligung niedrig. Während im ersten Wahlgang 47,34 Prozent der wahlberechtigten Bevölkerung dieses Recht nutzten, waren es bei der Stichwahl mit 55,64 Prozent deutlich mehr. Boric erhielt 55,86 Prozent der Stimmen, Kast nur noch 44,14. Damit gelang es Boric, die meisten Stimmen bei einer Präsidentschaftswahl seit 1990 auf sich zu vereinen. Dabei mussten am Wahltag noch Fahrgemeinschaften zu den Wahllokalen gebildet werden, da in der Hauptstadt zu wenig Busse eingesetzt worden waren und die Menschen bei über 30 Grad lange Wartezeiten zu überstehen hatten.

Ausschlaggebend für Borics eindeutigen Sieg mit 971.024 Stimmen mehr als Kast sind verschiedene Faktoren: Zum einen war die Angst vor dem rechtsextremen Präsidenten groß, mit bei dessen Wahl vieles auf dem Spiel gestanden wäre: So hatte er bereits angekündigt, die neue Verfassung verhindern zu wollen. Zum anderen hat Borics Versuch, seinen Wahlkampf stärker auf die so genannte politische Mitte auszurichten, ihm viele Stimmen eingebracht.

Daneben ist der unermüdliche Wahlkampf in den Regionen, insbesondere im Norden Chiles, zu nennen. Bei einem über 4.000 km langen Land, das stark zentralisiert ist, ist die Bedeutung des ländlichen Raums nicht zu unterschätzen. Im Norden hatte der drittplatzierte Parisi gewonnen und anschließend dazu aufgerufen, Kast zu wählen. Boric konnte jedoch kurzfristig Izkia Siches als Kampagnenleiterin für den zweiten Teil des Wahlkampfes gewinnen. Die 35-Jährige gehört ebenso wie Boric zu der Generation der Studierendenbewegung 2011 gegen den damals in seiner ersten Amtszeit befindlichen Sebastián Piñera.

Nach dem schlechten Ergebnis für Boric im ersten Wahlgang legte Siches ihren Job im Colegio Médico de Chile, der chileni schen Ärzt*innenkammer, nieder, deren erste Präsidentin sie war. Anders als Boric und sein enger Vertrauter Giorgio Jackson gehörte sie jedoch nicht zu den Köpfen der studentischen Bewegung und ihrem politischen Umfeld. Sie ist in Arica, der Grenzstadt mit Peru geboren, und war für den vierwöchigen Wahlkampf im Norden in einem Bus unterwegs, in dem sie ihre wenige Monate alte Tochter dabeihaben konnte. Der Stärke ihres sozialen Aktivismus und der jungen Frauen* hat Boric viel zu verdanken.

Wie die Zeitung La Tercera am 20. Dezember 2021 berichtete, gingen im zweiten Wahlgang deutlich mehr Frauen* unter 50 wählen und gaben Boric ihre Stimme. Dazu beigetragen haben könnte, dass Coordinadora 8M, das Kollektiv, das unter anderem die Protestmärsche zum feministischen Kampftag organisiert, zwischen den Wahlgängen explizit zur Wahl Borics aufrief. Sie organisierten eine offene Versammlung, zu der 700 Menschen in der Universidad de Santiago und noch einmal 1.000 digital zusammenkamen. Auf ihrer Webseite stellten sie Kampagnenmaterial zur Verfügung und in ihrer kostenlosen Zeitschrift La Primaria Feminista verglichen sie die Wahlprogramme. An der Versammlung beteiligt waren auch Las Tesis, das feministische Theaterkollektiv, das mit der Performance »Un Violador en Tu Camino« (Ein Vergewaltiger auf deinem Weg) während des sozialen Aufstands 2019 weltweit Berühmtheit erlangte.

Es verwundert also nicht, dass Boric sich in der Wahlnacht, in seiner ersten Rede als gewählter Präsident, explizit bei Frauen* bedankte, insbesondere bei Siches. Gleich zu Beginn seiner Rede ließ er verlauten, Frauen* könnten sich darauf verlassen, die Protagonist*innen der Regierung zu werden. Immer wieder betonte er Diversität als Grundlage für seine Regierung, mitunter deshalb eröffnete er seine Rede auch in Mapundungun, der Sprache der Mapuche.

 

Tod des Pinochetismus

Boric benannte außerdem eine Reihe moralischer Forderungen, die bereits seinen Wahlkampf begleitet hatte: Wahrheit, Gerechtigkeit, Reparation und Nicht-Wiederholung. Damit gelang es ihm, eine Brücke zu verschiedenen Menschenrechtsorganisationen zu schlagen: Die Verletzungen und die Gefangenen des sozialen Aufstands setzte er so in Verbindung mit den Gefangenen und Ermordeten der Diktatur. Dabei betonte Boric, wessen Erbe er vertrete: Einerseits lud er seine Zuhörer*innen dazu ein, mit Freude über den fair errungenen Sieg nach Hause zu gehen, womit er Salvador Allendes erste Rede als gewählter Präsident 1970 zitierte. Andererseits bezog er sich auf Patricio Aylwin, den ersten Präsidenten nach der Rückkehr zur Demokratie 1990, der zur Einheit des Landes aufrief. Symbolisch für die Einheit ist es wohl, dass Boric zwei Tage nach seiner Wahl die verfassungsgebende Versammlung besuchte, wo Elisa Loncón, Präsidentin derselben, ihn mit offenen Armen empfing.

Nichtsdestoweniger ist Boric nicht der Wunschkandidat aller Linken, seine Vor stellungen von gesellschaftlicher Ver - änderung sind für viele nicht weit reichend genug. Besonders unbeliebt hatte er sich gemacht, als er während des sozialen Aufstands am 15. November 2019 den von der Regierung Piñeras getragenen »Acuerdo por la Paz Social y la Nueva Constitución« (Abkommen für den sozialen Frieden und die neue Verfassung) mitunterzeichnete.

Zudem hat er sich Großes vorgenommen: Die Umstrukturierung des extrem neoliberalen Systems, insbesondere des Rentensystems AFP, ein kostenfreies Bildungssystem, eine Verbesserung der Gesundheitsversorgung. Was er davon wird umsetzen können, bleibt abzuwarten, vor allem, weil er in beiden Kammern des Parlaments, Senat und Abgeordnetenkammer, über keine Mehrheit verfügt.

Dennoch war die Erleichterung am Wahlabend vielerorts sehr groß. Zehntausende strömten in Santiagos Straßen, um das Ergebnis und den zweifachen »Tod« des Pinochetismus in einer Woche gemeinsam zu feiern. »No pasarón«, sie sind nicht durchgekommen – so hat die Stichwahl gezeigt, nicht die Angst, sondern die Hoffnung hat in Chile erst einmal gewonnen.

 

Hannah Katalin Grimmer ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Kassel/documenta-Institut und befasst sich in ihrer Doktorarbeit mit dem Zusammenhang von Kunst und Erinnerungen in den sozialen Bewegungen Südamerikas.

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Die gängigen Vorstellungen von Kunst und Kultur werden auf unangenehme Weise infrage gestellt.

Von Paul Schuberth

Wer das Stichwort Musik im Konzentra­tionslager hört, denkt wohl zuerst an das »reiche« Kulturleben im Lager There­sienstadt oder an Lagerlieder wie z.B. »Die Moorsoldaten«. Es sind hauptsächlich solche Aspekte dieses Themas bekannt, bei denen Musik mit Hoffnung und Widerstand ver­knüpft ist. Die Kehrseite des Phänomens haben AutorInnen wie Gabriele Knapp, Juliane Brauer oder Guido Fackler herausge­arbeitet. In ausführlichen Studien beschrei­ben sie die Transformation von Musik in ein Terrormittel in den Händen der SS. Dass dieser Begriff keine Übertreibung ist, soll im Folgenden gezeigt werden. Dieser Text will einen kurzen Überblick darüber geben (mit notwendigen Auslassungen), mit welch per­fider Fantasie die TäterInnen Musik in den Dienst von Demütigung, Folter und Vernich­tung stellten.

Musik und Gewalt

Musik war ständiger Begleiter des Lagerall­tags. In kaum einem Zeitzeugnis von Überle­benden fehlt die Erinnerung an den Zwang zum Singen sowie an die physischen und psychischen Qualen, die damit verbunden waren. In den unterschiedlichen Situatio­nen, zu den verschiedenen Anlässen muss­ten deutsche Lieder gesungen werden. Der Überlebende Berthold Quade erinnert sich, dass etwa im KZ Sachsenhausen beim An- und Abmarsch der Arbeitskolonnen jeden Wochentag ein bestimmtes Lied »bis zum Erbrechen« intoniert werden musste. Das befohlene Singen hatte mehrere Funktio­nen. Es vereinheitlichte den Marschrhyth­mus, trug so zur Disziplinierung und – wie es Quade ironisch kommentiert – zur »Erhaltung der Arbeitskraft« bei. Außerdem stellte es eine belastende Ergänzung zu den stupiden, körperlich anstrengenden Zwangsarbeiten dar. Andererseits bot es für die SS-Leute immer wieder willkommene Anlässe zu besonderer Demütigung, Gewalt und Prügelexzessen (etwa als Strafe für wahlweise zu leises, zu lautes, falsches, … Singen): eine Machtdemonstration, die den besonderen »musikalischen Sadismus« der TäterInnen befriedigen sollte.

Dieser Begriff, vom als »Lagersänger« bekannt gewordenen ehemaligen Häftling Aleksander Kulisiewicz geprägt, beschreibt hervorragend die befremdliche Liaison zwi­schen Gewaltaffinität und einem liebevol­len Verhältnis zur Musik: »Auf den Takt legten sie großen Wert. Es musste militä­risch-schneidig und vor allem laut gesun­gen werden. (…) Unseren frisch-fröhlichen Gesang liebten sie sehr, sie konnten nicht genug davon haben«, erinnert sich der Häftling Karl Röder. Für die Liebe zur Musik spricht auch die Genauigkeit, mit der die TäterInnen das Repertoire auf die jeweils zu demütigende Häftlingsgruppe abstimmten: So wurden Juden und Jüdin­nen gezwungen, antisemitische Lieder dar­zubieten, und KommunistInnen wurden bestraft, wenn sie das ihnen aufgetragene Kirchenlied nicht vorzusingen wussten. Karl Röder ergänzt: »(…) auch die Halbto­ten, die am Boden lagen, mussten singen.« Ein Hinweis darauf, dass das Zwangssingen nicht nur als psychisches, sondern auch als physisches Foltermittel diente.

Zur vollen Geltung kam das Foltermittel Musik bei der sogenannten »Fuhrwerks ­kolonne«. Bei diesem Kommando, dem aus­schließlich Juden angehörten, mussten Häftlinge, die an Stelle von Pferden in Gur­ten gespannt wurden, einen schwerbelade­nen Wagen ziehen. »Damit sollten Muskeln, Lungen, Brustkorb, Nervensystem und Stimmbänder zugleich kaputt gemacht werden. Singen mussten sie Marschlieder, rasante und liebliche Melodien, alles, damit die Verzweiflung noch schlimmer wurde«, urteilt Aleksander Kulisiewicz. Die Histori­kerin Juliane Brauer beobachtet: »Die musi­kalische Gewalt birgt beides in sich – die Verletzung des Körpers und der Seele des Menschen –, wodurch sich ihre zerstörende Macht potenziert.« Ist schon das In- und Miteinander von Musik und Gewalt ein kaum zu entschlüsselndes Phänomen, ist es erst die Detailverliebtheit in der Umset­zung der musikalischen Gewalt, die einen ratlos zurücklassen muss. Jüdische Berufs­musikerInnen waren ein bevorzugtes Ziel des musikalischen Terrors. Das entsprach dem von MusikwissenschafterInnen über Jahre kultivierten antisemitischen Ressen­timent, wonach die Juden und Jüdinnen besonders musikalisch seien. Es sind etliche Fälle dokumentiert, in denen etwa jüdische Opernsänger eine Arie anstimmen mussten, während sie geschlagen oder ermordet wurden.

Die Lagerorchester

Zu den unglaublichsten Aspekten des Lageralltags gehört die Geschichte der Lagerkapellen und -orchester. 1933–1936 waren diese noch provisorisch zusammen­gestellte Übergangsphänomene. Doch nach der Neuordnung des Lagersystems wurden sie als feste Institutionen etabliert. Die Mit­glieder rekrutierte man, indem man unter den Häftlingen die MusikerInnen aussor­tierte oder Probevorspiele veranstaltete. Die Besetzungen der Kapellen reichten von einem Trio aus Mandoline, Geige und einem Blasinstrument in Treblinka bis zu einem Symphonieorchester von achtzig Menschen in Auschwitz. Sie wurden zu regelrechten Statussymbolen für die jeweiligen Kom­mandanten und SS-Mannschaften. Die Kapellen erfüllten einen doppelten Zweck, wie es auch der ehemalige Dirigent des Auschwitzer Männerorchesters, der polni­sche Jude Szymon Laks, beschreibt: »Auf­rechterhaltung der Lagerdisziplin« – durch den Rhythmus der dargebotenen Märsche konnte ein koordinierter Bewegungsablauf der Häftlingskolonnen garantiert werden; »Ablenkung und Entspannung« für die Täter – die aufputschende Wirkung der meist schmissig-heiteren Musik senkte die moralischen Hemmschwellen bei Gewalt ­aktionen, und Privatkonzerte für SS-Leute boten eine Entspannung nach der »undank­baren Arbeit«. Primo Levi beschreibt die Wirkung der Marschmusik der Kapelle auf die Häftlinge: »Es sind nur wenige Motive, etwa ein Dutzend, und alle Tage, morgens und abends, dieselben: Märsche und Volks­lieder, die jedem Deutschen lieb und teuer sind. Sie haben sich in unsere Köpfe einge­graben, und sie werden das letzte sein, was wir vom Lager vergessen werden: Des Lagers Stimme sind sie, der wahrnehmbare Ausdruck seines geometrisch konzipierten Irrsinns und eines fremden Willens, uns zunächst als Menschen zu vernichten, um uns dann langsam zu töten.« Einen weite­ren Aspekt hat die Historikerin Shirli Gilbert herausgearbeitet. Die TäterInnen konnten die Musik einerseits dazu nutzen, sich von ihren Taten abzulenken, und andererseits dazu, ebendiese unter ein kul­tiviertes, »zivilisiertes« Paradigma zu set­zen.

Musik und Vernichtung

Nicht unüblich war die Praxis, die Kapelle bei öffentlichen Züchtigungen oder gar Exekutionen aufspielen zu lassen, um den furchterregenden Eindruck des »Schau­spiels« auf die anderen Häftlinge noch zu erhöhen. In anderen Fällen sorgte Musik allerdings für den gegenteiligen Effekt: mit ihr konnten Leidensschreie oder Schüsse übertönt werden. Vom angedeu­teten Doppelnutzen von Musik – Übertö­nen von Gewalt bei gleichzeitiger Ablen­kung der TäterInnen – profitierten die TäterInnen des Öfteren, auf besondere Weise jedoch kam er zum Tragen bei der sogenannten »Aktion Erntefest«. Diese Operation bildete den Abschluss der Aktion Reinhardt. Dabei wurden die 40.000 verbliebenen Juden und Jüdinnen des Distrikts Lublin durch Mitglieder der SS und des Reserve-Polizei-Bataillons 101 ermordet. Allein in Majdanek wurden in Gruben, die die Opfer selbst ausheben mussten, 18.000 Juden und Jüdinnen erschossen. Dieser Massenmord war zugleich ein »musikalisches Inferno«; beim örtlichen Propagandaamt hatte man sich Lautsprecheranlagen ausgeliehen, die an Masten oder Wachtürmen befestigt wurden. Der Lärm aus den Lautspre­chern – fröhliche Tanzmusik – übertönte die Schüsse.

Mag man auch schon bis hier zur Auf­fassung gelangt sein, dass Musik eine wesentliche Rolle im Vernichtungspro­zess selbst spielte, ist es erst die nun zu beleuchtende Dimension, die diese These unwiderlegbar zu beweisen droht. Musik war Teil jener Inszenierung, mit der die im Vernichtungslager neu Ankommenden über dessen wahren Zweck hinwegge­täuscht werden sollten. In Treblinka wur­den die Ankommenden mit einem perfek­ten Täuschungsszenario begrüßt: Die Ent­laderampe der toten Gleise war dort zu einem Bahnhof mit vielen Schildern und Zugfahrplänen umgebaut worden, um den Eindruck eines Umsteigebahnhofs zu erwecken; soweit wahrscheinlich bekannt. Doch: Das zehnköpfige Orches­ter, geleitet vom berühmten Musiker und Häftling Artur Gold, spielte »jazz and Jewish folk tunes«. Auch in anderen Ver­nichtungszentren mussten die Musikgrup­pen direkt an den Gleisen spielen, um mit »fröhlicher« Musik eine Atmosphäre zu erzeugen, die Panik- und Angstgefühle der Ankommenden zerstreuen sollte. Die Musik half dabei, die nervösen »Neuzu­gänge« zu beruhigen und sie zur problem­losen Kooperation bei ihrer eigenen Ver­nichtung zu bewegen. Dieser musikalische »Willkommensgruß«, in seiner Wirkung kalkuliert, beugte Tumulten oder gar Auf­ständen vor und garantierte so den rei­bungslosen Ablauf des Vernichtungspro­zesses.

Esther Bejarano erinnert sich an eben­diese Praktik, die auch in Auschwitz ange­wendet wurde: »Als die Menschen in den Zügen an uns vorbeifuhren und die Musik hörten, dachten sie sicher, wo Musik spielt, kann es ja so schlimm nicht sein. Was für eine schreckliche psychische Belastung war das für das Orchester!« Im Vernichtungslager Sobibór wurden die zur Ermordung bestimmten Juden an der Rampe mit Musik vom Grammophon begrüßt. In Bełżec musste die Kapelle zwi­schen den Gaskammern und den Grabgru­ben spielen, wo sie für die musikalische Begleitung der Arbeit des sogenannten Sonderkommandos zu sorgen hatte. Warum sind diese historischen Fakten, die die musikalische Gewalt betreffen, weniger bekannt als andere Aspekte des Phäno­mens Musik im Konzentrationslager? Womöglich, weil durch sie gängige Vor­stellungen von Kunst und Kultur auf unan­genehme Weise infrage gestellt werden. Doch das muss an anderer Stelle erörtert werden.

Weiterführende Literatur:

Guido Fackler: »Des Lagers Stimme«. Musik im KZ

Gabriele Knapp: Das Frauenorchester in Auschwitz

Juliane Brauer: Musik im Konzentrationslager Sachsenhausen

Shirli Gilbert: Music in the Holocaust

Paul Schuberth ist Musiker mit den Schwerpunk­ten Jazz und Klassik. Außerdem veröffentlicht er Texte zu v. a. kulturpolitischen Themen, u. a. in Café KPÖ, Versorgerin, konkret.

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Bemerkungen von Karl Reitter zum Buch: Corona und die linke Kritik(un)fähigkeit

Die Linke kann über die Pandemie kaum noch gemeinsam diskutieren. Die Standpunkte sind teilweise so extrem unterschiedlich wie wir es aus der Israel/ Palästina Debatte kennen. Allerdings gibt es da einen großen Unterschied: Was in Israel/Palästina geschieht ist eine Sache, wie dieser Konflikt hierzulande aufgenom­men, interpretiert und instrumentalisiert wird, eine andere. Von der Pandemie und den Maßnahmen hingegen sind wir alle unmittelbar betroffen. Wohl können wir uns mit vielen anderen Themen beschäfti­gen, aber die Pandemie und ihre Bekämp­fung beschäftigt sich mit uns, ob wir das wollen oder nicht; wenn ich das so sagen darf.

Der Riss geht nun keineswegs nur durch die Linke. Die gesellschaftliche Polarisie­rung wird seit Beginn der Pandemie bewusst vorangetrieben, KritikerInnen werden grundsätzlich denunziert und aus­gegrenzt. Statt Dialog und Debatte trium­phiert in den Leitmedien eine einseitige demagogische Verurteilung, die vor allem darauf beruht, jegliche Kritik über densel­ben Kamm zu scheren. In diesen Sog ist auch die Linke geraten, wobei mache die Konfrontation sogar noch verstärken. Ger­hard Hanloser, Peter Nowak und Anne Seeck haben in dieser Situation versucht, eine unaufgeregte Debatte zu führen. Vor Ort ging das nicht. Wie zur Bestätigung untersagte die Berliner Regenbogenfabrik die Diskussionen, die deshalb im Netz statt­finden mussten. Ein Resultat dieser Bemü­hungen ist das vorliegende Buch.

Verschiedene Blickwinkel

Fast alle AutorInnen nähern sich der Corona Problematik aus einem spezifischen Blickwin­kel. Im Abschnitt Wen Corona und Lockdown besonders betrifft geht es u. a. um Erfahrungen in der Psychiatrie, in den Pflegeheimen, im Gefängnis sowie um die Situation von Jugend­lichen und SchülerInnen. Die Abschnitte »Die Profiteure« sowie »Medizin« stellen Fragen nach einer feministischen Kritik an der Medi­zin, dem Thema der freien Entscheidung pro oder contra Impfung sowie der Situation der Pflegekräfte. Im Abschnitt Soziale Kämpfe und Gegenwehr geht es um Klassenkämpfe in ver­schiedenen Bereichen, zudem wird die Brücke zur Ökologie geschlagen.

Wie bei Sammelbänden wohl unvermeidlich, sind manche Beiträge durch hohe Kompetenz und argumentativen Scharfsinn bestimmt, etwa der Artikel von Michael Kronawitter »Malen nach Zahlen«, in dem die offizielle Datenpolitik in Frage gestellt wird, oder der Text von Laura Valentukeviciute »Klinik­schließung als Pandemie«, in dem die Pläne kritisiert werden, Kliniken mitten in der Pan­demie zu schließen, was 2020 in Deutschland auch tatsächlich geschah.

Andere finde ich weniger überzeugend, wie den Beitrag von Detlef Georgia Schulze, in dem die Autorin das berühmt-berüchtigte Strate­giepapier der deutschen Bundesregierung vom März 2020 verteidigt, in dem unter anderem von einer »gewünschten Schockwirkung« und der »Urangst« des Erstickens die Rede ist, um die Bevölkerung auf die kommenden Maßnah­men ideologisch einzustimmen. Auch der Ver­such von Raina Zimmering, die Reise der Zapa­tistas nach Europa mit der Thematik der Digi­talisierung und der Abwehr von Corona zu verbinden, erscheint mir gekünstelt und nicht besonders geglückt.

Explizit mit Positionen innerhalb der Linken beschäftigt sich der erste Abschnitt. Gerhard Hanloser beschreibt die Reaktion der Linken auf die Demonstrationen der »Corona-Rebel­len«, Anne Seeck reflektiert den Zustand der Linken vor dem Hintergrund ihrer feministi­schen Perspektive, Elisabeth Voß beschäftigt sich mit der grassierenden Wissenschaftsgläu­bigkeit und der patriarchal geprägten Recht­haberei innerhalb der Linken. Eine Aussage hat mich besonders bewegt, sie schreibt: »Hätte ich den Satz ›Wir impfen euch alle!‹ als Demobeobachterin nicht selbst gehört, ich hätte nicht glauben wollen, dass Antifas eine solche Parole rufen. Sind das die gleichen Leute, die sonst so viel Wert auf Achtsamkeit legen, sich den Kopf zergrübeln über ihre Pri­vilegien und sich akribisch um eine gewalt­freie und inklusive Sprache bemühen?« Felix Klopotek betont in seinem Beitrag, dass ein Lockdown, und sei er noch so solidarisch organisiert, keinen klassenkämpferischen Streik darstellen kann. Peter Nowak antwor­tet auf die Kritik von Thomas Ebermann, er bagatellisiere das Sterben der Alten. Chris­tian Zeller arbeitet erneut die seiner Mei­nung nach gegebene antikapitalistische und ökologische Orientierung von ZeroCovid heraus, ohne allerdings die Forderung nach einem radikalen Lockdown zu erneuern, wie er im Frühjahr 2021 von dieser Initiative pro­pagiert wurde. Zu den längeren Artikel gesel­len sich kürzere »Zwischenrufe«, in denen einzelne Aspekte beleuchtet werden.

Zweifeln erlaubt

Sammelbände zu Corona Politik gibt es inzwi­schen einige, aber ich kenne keinen, in dem so viele unterschiedliche Sichtweisen publi­ziert sind. Dieses Vorgehen halte ich für wichtiger denn je, da das Plädoyer für einen gemeinsamen Dialog leider nichts an Aktua­lität verlieren wird. Nach meiner Auffassung ist das Kalkül, mit den vorhandenen Impf­stoffen die Pandemie wesentlich einzudäm­men, gescheitert. Die Dauer der Wirksam­keit beträgt ganz offiziell nur ein paar Monate und der Schutz ist keineswegs hun­dertprozentig. Zudem dürft eine geringe Impfquote alleine auch nicht der alles ent­scheidende Faktor für das weitere Ansteigen der Fallzahlen sein, wie der Vergleich zwi­schen Ländern mit unterschiedlicher Durch­impfung zeigt. Wie die große Politik darauf reagieren wird, ist eine offene Frage, zur Deeskalierung werden die getroffenen Maß­nahmen kaum beitragen. Es ist also zu hof­fen, dass der Appell im Vorwort auf frucht­baren Boden fällt. »Dieses Buch soll einen Beitrag darstellen, zuzuhören, wahrzuneh­men, Kritik und andere Positionen auszu­halten. Nicht als Lobpreisung eines prinzi­pienlosen Pluralismus, sondern als Grund­lage weitergehender Überprüfung, um einen den Verhältnissen angemessenen Stand­punkt beziehen zu können.«

Corona und die linke Kritik(un) fähigkeit
Herausgegeben von Gerhard Hanloser, Peter Nowak und Anne Seeck, Neu-Ulm 2021

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Heide Hammer im Gespräch mit Natascha Wanek über Kontinuitäten und Brüche der unabhängigen Kinder- und Elternorganisation

Was ist das Kinderland? In welchem Verhältnis steht der Verein zur KPÖ? In welchen Bundesländern gibt es eigenständige Kinderland-Organisatio­nen?

NATASCHA WANEK: Kinderland ist seit der Gründung 1946 eine eigenständige Kin­der- und Eltern-Organisation. Der Anspruch blieb über die Jahre erhalten: die Gestaltung einer besseren Lebensrealität für alle Kinder und Jugendlichen in Öster­reich und auf der Welt. Auch wenn wir uns nie die Zeit genommen haben, für die alten Begriffe neue zu finden, ist dieses bessere Leben für alle Kinder ein großes Ziel. Der Gründungsgedanke war einerseits pragma­tisch, es ging um Erholung von der Not in und nach den Kriegsjahren, z. B. auch um die Verteilung von Nahrungsmitteln aus UNICEF-Spenden. Zugleich wurde aus der Tradition des Widerstands ein ideologi­scher Anspruch formuliert: Wenn wir es ernst meinen mit dem »Niemals wieder«, dann müssen wir bei den Kindern begin­nen.

Zwischen KPÖ und Kinderland gibt es personelle Überschneidungen, statutarisch sind wir unabhängig und verstehen uns auch so. Es gibt noch zwei Vereine: Steier­mark und Wien.

Es gibt eine schöne Darstellung der KPÖ Steiermark zu 50 Jahre Kinderland, die 2010 aktualisiert wurde. Am Beginn die­ser Chronologie von Max Korp steht anstelle eines Vorworts ein »Bekenntnis zu Österreich« von Arthur West. Das klingt zwar in der Zeit schlüssig, aber wie ging’s weiter?

NATASCHA WANEK: Extrem schlüssig. Es ging bei der Gründung von Kinderland auch um die Gestaltung eines demokratischen, freien und unabhängigen Österreich – um das zuvor im Widerstand gegen den NS gekämpft worden war.

In den 70er Jahren beginnen die Frie­densbewegung und Fragen der antiautori­tären Erziehung stark in die Kinderland-Organisation einzuwirken. Bis Anfang der 90er Jahren war Kinderland ein Ganzjahres­programm, also Heimabende, Bastelnach­mittage, Liederabende, Wanderungen. Es gab Oster-, Pfingst-, Schiwochen und die Sommerferien – wenn man wollte, konnte man das ganze Jahr mit Kinderland ver­bringen. Die Kinder waren sehr fest in diesen Rahmen eingebunden.

Wie bist du zu Kinderland gekommen? Was hast du davon erlebt?

NATASCHA WANEK: Ich bin sicher schon mein ganzes Leben bei Kinderland. Ich erinnere mich an Familiensonntage – für die Eltern gab es Kaffee und Kuchen und für die Kinder verschiedene Stationen, mit Spielen, Sport, Malen, Basteln, … Ich war bei Schikursen, im Sommerlager, auf Fami­lienturnussen, Osterlagern und ich erin­nere mich an ein einziges Pfingstlager. Denn das hieß, im Zelt schlafen, und meine Mutter, die auch Mitarbeiterin und Funk­tionärin bei Kinderland war und ist, war davon nicht so begeistert. Meine Mutter war mit acht Jahren das erste Mal dabei, auch mein Großvater war Funktionär bei Kinderland. Also ich bin ein Kinderland-Kind, und Kinderland ist (familiär) sehr ansteckend.

Was wurde aus der Jungen Garde? Was wurde aus den Sturmvögeln? Gibt es noch ein Mitgliedsbuch? Liederbücher? Fahne (den Fahnen-Gruß)? Wimpel? Das Blauhemd?

NATASCHA WANEK: Natürlich kann man bei Kinderland immer noch Mitglied wer­den. Wir sind ein Verein und freuen uns auch über Fördermitglieder. In den 70er Jahren wurden die Blauhemden abgelegt. Sich vom Blauhemd befreien hieß, sich von einem autoritären Gestus zu befreien. Das war nach ‘68 ein wichtiger Schritt, das bedeutete wohl auch ein Stück Distanz zu den realsozialistischen Staaten.

Der Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 hat auch Kinderland stark getroffen. Kinderland war bis dahin eine Pionier ­organisation. Das 3. Gesetz der Jungen Garde, »Wir halten Freundschaft mit den Kindern aller Welt«, hatte auch eine prakti­sche Entsprechung. Es gab Pionierlager in allen sozialistischen Staaten, das berühm­teste war in der UdSSR, »Artek« am Schwarzen Meer. Kinderland Kärnten fuhr z. B. immer gemeinsam mit der Schwester­organisation in Slowenien ans Meer.

Einzelne Elemente haben sich aber da und dort gehalten. Kinderland Steiermark macht z. B. noch den Fahnengruß. Bei Kin­derland Wien werden nach wie vor Arbei­ter:innenlieder gesungen, wird antirassisti­sche und antisexistische Arbeit gemacht. Wir treten auch im Ferienalltag gegen Homophobie z. B. in der Sprache auf. Kin­derland Steiermark hat in den letzten fünf Jahren einige Re-Politisierungsschritte gesetzt, sie machen zusätzlich formalisier­tere politische Arbeit, z. B. im Landes ­jugendbeirat.

Kinderland bekennt sich zu den Kinder­rechten der UNICEF, die seit der UN-Gene­ralversammlung vom 20. November 1989 gelten und weder vom Staat Österreich noch vom Land Wien in der Verfassung verankert wurden. Kinderrechte sind Men­schenrechte, die in den Verfassungsrang gehören. Damit geht auch ein Klagerecht einher. Es geht nicht nur um Schutz vor Gewalt – Rechte sind viel weitergehender, etwa das Kindeswohl bei Asylverfahren. Würde man das ernst nehmen, könnten Kindern nicht abgeschoben werden. Kinder haben das Recht, mit anderen Kindern auf­zuwachsen. Die Regelungen und der Umgang in der Pandemie treten diese Rechte mit Füßen. Wer wurde im Park als erste belangt? Jene Kinder und Jugendli­chen, deren Zuhause beengt ist und die auf den öffentlichen Raum angewiesen sind, um ihre sozialen Beziehungen zu leben.

Was macht ihr in den Sommerferien am Gösselsdorfer See in Südkärnten?

NATASCHA WANEK: Uns ist es ein gro­ßes Anliegen, dass die Kinder zwei schöne Ferienwochen verbringen können. Dort gibt es keine Schulaufgaben, stattdessen ganz viel Angebot, einfach zu sein und zu tun, was immer man möchte. Auf dem gro­ßen Gelände gibt es viele Sportmöglichkei­ten, unglaublich viele Bastelmaterialien, ein vielfältiges Programm mit Klassikern wie Disco und Lagerfeuer und Aktionsspielen – Nachtgeländespiele kommen immer noch sehr gut an. In der Nacht werden auch die Handys eingesammelt, weil die Kreativität der Kinder auch beim Schlafen kaum Gren­zen kennt. Wir merken aber im Laufe eines Sommerturnus, wie die Handys zunehmend unwichtig werden. Wenn besorgte Eltern schon anrufen, weil sie ihre Kinder nicht erreichen und die Kinder auch mal die Ver­pflichtung los sind, ständig verfügbar zu sein. Die meisten Kinder sind unglaublich begeistert, nicht zuletzt seit Corona ist das Bedürfnis riesig, einfach gemeinsam un ­beschwert Zeit miteinander zu verbringen und innerhalb eines Rahmes viele Freiheiten zu genießen und so angenommen zu werden, wie du bist.

Gibt es ein stabiles Betreuer:innen-Team? Gibt es Kinder, die über mehrere Jahre den Sommer mit euch verbringen? Wer macht heute Kinderland-Ferien?

NATASCHA WANEK: Ab 16 können Jugend­liche als Betreuer:innen dabei sein. Die Arbeit bei Kinderland Wien wird ehrenamt­lich, ganz ohne Bezahlung gemacht. Im Gegensatz zu früher gibt es in Wien keinerlei Förderungen mehr, weder von der Kranken­kasse noch von der Stadt Wien oder dem Jugendamt. Seit 2015 gibt es drei reservierte Plätze für Kinder aus geflüchteten Familien. In der Steiermark ist die Situation anders, hier fördern alle, die in Wien nicht fördern, und es können auch Aufwandsentschädigun­gen für die Betreuer:innen bezahlt werden.

Das Haus in Gösselsdorf auf einem 6.000 m2 großen Gelände gehört Kinderland Wien, das bedeutet auch die Instandhaltung, Reparaturen, Einkaufen, Essen, Kochen macht alles das Betreuer:innenteam. Und das Essen ist wirklich gut. Es gibt da wie dort viele Kinder, die das erste Mal mit sechs, acht oder zehn Jahren zu Kinderland kommen und dann 30 oder 60 Jahre bleiben. Wir haben in Wien ein sehr stabiles Team, alle sind addicted. Kinderland ist ein biss­chen ein magischer Ort, und es bindet sehr eng, wenn du das willst.

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Volksstimme-Redakteurin Helga Wolfgruber spricht mit Verlagsleiterin Hildegard Gärtner darüber, was es in der heutigen Zeit bedeutet, Sehnsüchte zu wecken und Geschichten für Kinder zu erzählen

Du bist seit 30 Jahren Leiterin des Kinder- und Jugendbuchverlages »Jungbrunnen«. Was hat dich motiviert, dein Arbeitsleben einer vergleichsweise weniger be- und geachteten Literatur­form zu widmen?

HILDEGARD GÄRTNER: Wenn man in der Gesellschaft etwas bewegen oder »Sehn­sucht erwecken« möchte, muss man – so finde ich – bei den Kindern ansetzen. Mir war es immer wichtig, dass man Kindern in Bezug auf Literatur das Gleiche zugesteht wie Erwachsenen: Dass wir ihnen Qualität und Innovatives in Text und Bild zur Verfü­gung stellen sowie eine Bandbreite an unterschiedlichen Genres, und dass nicht der erhobene Zeigefinger oder der pädago­gische Impetus Vorrang vor einer guten Geschichte haben. Viele Menschen stecken Kinderliteratur in die Schublade rein »edu­kativ«, dagegen habe ich mich mein ganzes Berufsleben lang gewehrt, weil ich das als respektlose Haltung Kindern gegenüber empfinde.

Ein weiterer Aspekt für mich war, dass ich gerade die Konzeption und Produktion von Bilderbüchern sehr spannend finde – das Zusammenfügen von Texten und Bil­dern zu einem stimmigen Buch ist eine Herausforderung.

Welche Bedeutung haben Lesen und Vor­lesen für die kindliche Entwicklung und für Lese- und Lebensgewohnheiten im Erwachsenenalter?

HILDEGARD GÄRTNER: Einer Studie zur Lesesozialisation von Kindern in der Fami­lie kann man entnehmen, dass jeder zweite befragte Elternteil in Deutschland meint, man könne den Zugang zum Lesen oder die Lesemotivation nicht verändern. Ein Drittel behauptet, Lesefreude sei angeboren. Die Forschungsergebnisse von Gerald Hüther, Hirnforscher, zeichnen einen anderen Befund: Vieles wird in unseren ersten Lebensjahren angelegt. Kognitionsfor­scher*innen haben herausgefunden, dass Kinderhirne weitaus formbarer sind als bis­her angenommen. Die Zahl der Nervenzell­kontakte ist bis zum sechsten Lebensjahr so groß wie nie wieder im späteren Leben. Davon bleiben all jene Verbindungen erhal­ten, die durch individuelle Erfahrungen intensiv genutzt werden, nicht benutzte verkümmern. Kinder sollten daher in ihren ersten Lebensjahren möglichst viele Erfah­rungsräume zur Verfügung haben, um auch unterschiedliche Wahrnehmungen machen zu können.

Alles, was mit Begeisterung erlernt wird, wird besser im Gehirn verankert als lustlos auswendig gelerntes Wissen. Das trifft auch auf das Lesen zu: Es sollte ein bewusst freu­diges Erlebnis sein, der Fantasie freien Raum geben und nicht als Pflicht vermittelt werden. Für Eltern und Menschen, die Kin­der begleiten, heißt das einerseits, den Kin­dern zu zeigen, welche Freude sie selbst am Lesen haben, andererseits sollten sie Vor­lese- und Lesesituationen schaffen, die in den Kindern Sehnsucht nach Wiederholung wecken. Es verwundert nicht, dass Men­schen, denen in der Kindheit vorgelesen wurde, signifikant häufiger eine enge Beziehung zum Lesen entwickeln als Perso­nen, denen selten oder nie vorgelesen wurde.

Studien belegen außerdem Auswirkun­gen des Lesens auf das Sozialverhalten: So legen z. B. Menschen mit einer Vorliebe für Belletristik ein deutlich positiveres Sozial­verhalten an den Tag, und Liebhaber*innen experimenteller Bücher zeigen größere Fähigkeit, Dinge aus verschiedenen Per­spektiven zu betrachten. Belletristik stärkt außerdem Fantasie, Vorstellungskraft und Abstraktionsvermögen.

Welche Kriterien machen für dich ein Kinder- oder Jugendbuch zu einem guten und gelungenen?

HILDEGARD GÄRTNER: Nachdem die Ter­mini »Kinderbuch« und »Jugendbuch« nur auf das Alter der Zielgruppe abzielen, müsste man die einzelnen Genres unabhän­gig voneinander betrachten. Ich greife daher als ein Beispiel das Bilderbuch heraus: Gelungen ist für mich ein Bilder­buch, wenn der Text ein Thema, das Kin­dern nahe und zugänglich ist, in einer sehr komprimierten Form und einer kinderadä­quaten literarischen Sprache aufgreift. Also mit einer geringen Zahl an Wörtern eine aussagekräftige Geschichte erzählt wird. Künstlerische Bilder dazu sollten eine eigene, ergänzende Geschichte erzählen und nicht nur das abbilden, was im Text ohnehin schon gesagt wird. Und ein guter Text kann neugierig machen auf mehr – mehr zu erfahren, mehr zu wissen, mehr Fremdes zu Bekanntem werden lassen. Er kann zu Fra­gen anregen und Sehnsucht erwecken, über das eigene Leben hinauszudenken.

Läuft das Medium Kinderbuch Gefahr, in den Schatten der Digitalisierung des Lesens zu geraten und wie reagiert der Verlag darauf?

HILDEGARD GÄRTNER: Ich sehe die Gefahr eher darin, dass Menschen nur begrenzte Zeit zur Verfügung steht und digitale Medien einen großen Anteil dieser Zeit einnehmen. Man muss also bewusst Zeiträume für andere mediale Formen wie z. B. das Lesen einplanen, das gilt aber für Kinder und für Erwachsene gleichermaßen. In welcher Form gelesen wird, ob digital oder analog, ist dabei sekundär. Nebenbei bemerkt, spielt das digitale Lesen von Büchern im Kinderbuch bisher wenig Rolle.

Die 70er Jahre haben an das Kinderbuch spezielle Anforderungen gestellt. Der päda­gogische Zeigefinger sollte ersetzt werden durch den Anspruch, politische (ideologi­sche) Inhalte auch schon im Bilderbuch zu vermitteln. Ist das Christine Nöstlinger mit ihren Texten nahe an der Lebenswelt der Kinder – vorwiegend der benachteiligten – gelungen?

HILDEGARD GÄRTNER: Ja, ich glaube, ihr ist es gelungen, eine politische Grundhaltung – ohne Kinder ideologisch indoktrinieren zu wollen – in ihren Texten auszudrücken. Sie ist immer nahe an der Lebenswelt der Kinder geblieben. Das fördert die Möglichkeit zur Identifikation mit Figuren des Buches. Bei die­ser Fragestellung wäre aber noch zu diskutie­ren, was genau als »politischer Inhalt« ver­standen wird. Es ist ja kaum eine Haltung unpolitisch.

Wie geht der Verlag mit der oftmals gestellten Forderung nach »political cor­rectness« um?

HILDEGARD GÄRTNER: In noch unveröf­fentlichten Texten hinterfragen wir im Lekto­rat Aussagen, die diskriminierend oder verlet­zend sein könnten und klären mit den Autor*innen, welche literarische Funktion eine Aussage im speziellen Fall hat. Falls keine, werden die Autor*innen gebeten, im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu ändern. Bei bereits veröffentlichten Texten überlassen wir Autor*innen die Entscheidung, ob sie bei einer Neuauflage Texte ändern wollen oder nicht. Bei verstorbenen Autor*innen passen wir nicht an die aktuell geforderten Normen der political correctness an, das wäre für mich ein unzulässiger Eingriff. Wir können aber in einer Fußnote erklären, dass es sich um ein historisches Buch han­delt und sich Bezeichnungen und Bilder seit der Erstveröffentlichung verändert haben. Oder wir entscheiden, dass ein Buch nicht mehr auf dem Markt sein kann, weil der Erklärungsbedarf zu groß wäre. Inte­ressant finde ich, dass der Ruf nach einem Eingreifen in Texte oder Bilder immer bei der Kinderliteratur laut wird. Das zeigt, wie sehr Kinderliteratur als »Erziehungsmittel« betrachtet wird.

Welche Funktion kann in einer so verän­derten Welt das Märchen heute noch haben?

HILDEGARD GÄRTNER: Märchen können Kinder mit Themen, Figuren, Handlungs­weisen und Problemlösungen in Kontakt bringen, sie können Bezüge herstellen zu inneren Konflikten, denen sich Kinder aus­gesetzt fühlen. In ihrer archetypischen Dar­stellung können Märcheninhalte dazu bei­tragen, die Gefühle von Kindern zu ordnen. Natürlich sind die Probleme, die in Mär­chen aufgegriffen werden, nicht die glei­chen, wie sie Kinder heute haben. Kinder können aber trotzdem anhand von Mär­chen Charaktereigenschaften und Problem­lösestrategien verstehen und einordnen lernen.

Aber Märchen haben die Tendenz, die Welt polarisierend in schwarz/weiß, gut/böse darzustellen. Fördert das nicht das Entstehen von Stereotypen, gerade bei Kindern?

HILDEGARD GÄRTNER: Ja, aber ich glaube, dass diese Stereotype hilfreich sind, um vor­erst einmal Ordnung in die kindliche Gedan­kenwelt zu bringen. Natürlich muss als nächster Schritt eine Differenzierung statt­finden, damit sich Stereotype nicht verfesti­gen. Hilfreich dabei wäre, Märchen als Einla­dung zur Interaktion und Diskussion mit Kindern zu sehen.

Erinnerst du dich an ein Lieblingsbuch deiner Kindheit?

HILDEGARD GÄRTNER: Ja, ich habe »Titi im Urwald« von Mira Lobe und Susi Weigel geliebt. Die Darstellung des Lebens von Schwarzen in Afrika würde heute als poli­tisch völlig inkorrekt eingestuft werden. Mich hat zwar damals das Exotische auch fasziniert, viel mehr noch die Geschichte. In der übernimmt ein Mädchen die Führung einer Gruppe von einem Buben. Das passt dem gar nicht und er läuft in den Urwald, wo er feststellt, dass er allein ziemlich verloren ist. Am Ende wird er gefunden und zurückge­bracht. Ab da ist er kooperativ und fügt sich in die Gruppe ein, aus der er sich selbst aus­geschlossen hat. Für mich ist das einer der ersten feministischen Texte für Kinder.

Ein anderes Buch von Lobe/Weigel »Das kleine Ich bin ich« hat den Weg in fast alle Kinderzimmer geschafft. Vielleicht kau­fen und schenken es Erwachsene so gerne, weil im Text jene Sehnsucht Lobes spür­bar ist, die Lesende auf Entdeckungsreise, sowohl ins Innere als auch ins Äußere, zu schicken? Oder weil Mira Lobe, die übri­gens bis 1956 Mitglied der Kommunisti­schen Partei war, in ihren vielen Texten unermüdlich die Frage stellt: Was ist Humanität, was bedeutet Solidarität und wie ist das mit der Identität?

HILDEGARD GÄRTNER: »Das kleine Ich bin ich« findet seine Identität durch die Interak­tion mit anderen. Es vergleicht sich und stellt fest, dass es mit vielen etwas gemein­sam hat, trotzdem aber nicht ganz gleich ist. Das führt zu der Erkenntnis der eigenen Ein­zigartigkeit und der jedes Wesens. Damit zielt Lobe aber nicht auf einen übersteiger­ten Individualismus ab – am Ende sagen alle Tiere zum Ich bin ich: »Du bist du«. Selbster­kenntnis ist also auch gebunden an die Aner­kennung durch Andere.

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Von Claudia Krieglsteiner

2013 wurde im Zuge der Neufassung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes im ABGB (Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch) erstmals in Österreich der Begriff »Kindeswohl« genauer beschrieben und festgelegt, was darunter zu verstehen ist. Dies diente vor allem der Ausformulierung der Pflichten der Eltern, ein Kind zu unterstützen und zu fördern, um eine bestmögliche Entwicklung zu gewährleisten und ist Grundlage für Interventionen von Seiten des Staates bzw. zuständiger Behörden, wenn Eltern nicht ausreichend das Wohl des Kindes sichern.

Seit mehr als 30 Jahren gibt es allerdings die UN-Kinderrechte Konvention, die eine klare Verantwortung der Staaten für die Verwirklichung dieser Rechte festhält, die weit über die je individuelle Verantwortung einer Familie hinausgeht.

In diesem Text soll exemplarisch auf drei »Baustellen« gezeigt werden, welch schamlose Lippenbekenntnisse die Kinderrechte in Österreich – in einem der reichsten Länder der Welt – geblieben sind. Nur, wer interveniert in diesem Fall?

BAUSTELLE 1 - Einkommensarmut der Eltern: Arme Kinder

Aus einem Bericht des WIFO aus 2018 geht hervor, dass die Versorgung, Betreuung, Bildung etc. eines Kindes bis zum 18. Lebensjahr durchschnittlich 150.000 Euro kosten. Durch die Familienbei­hilfe bekommen die Eltern in dieser Zeit durchschnittlich 35.000 Euro als bedin­gungslose Transferleistung vom Staat. Allerdings auf Grund einer Indexierung durch die türkis-blaue Regierung nur, wenn die Kinder in Österreich leben. Leben die Kinder von in Österreich erwerbsarbeiten­den Eltern in der Schweiz bekommen sie das 1,5-fache, in Rumänien nicht einmal die Hälfte.

Arm ist, laut gängiger EU-Definition, wer über weniger als 60 Prozent des mittleren Pro-Kopf-Einkommens eines Landes ver­fügt. 2018 waren in Österreich 301.000 Kin­der armutsgefährdet.

Laut einer Analyse der Volkshilfe von EU- Daten für das Jahr 2020 (das Datenmaterial stammt aus 2019, also aus dem Jahr vor der Pandemie) waren 350.000 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren armuts- und ausgrenzungsgefährdet, das entspricht einem Risiko von 22 Prozent. Außerdem hält die Volkshilfe fest, dass Kinder mit höherer Wahrscheinlichkeit von Armut betroffen sind als der Rest der Bevölkerung (17,5 %). Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren machten im Jahr 2020 knapp ein Viertel (24 %) aller Armutsgefährdeten aus.

Arm zu sein bedeutet für Kinder nicht nur mitzuerleben, wie die Eltern – oder ein alleinerziehender Elternteil – abwägen müssen/muss, ob Geld für gesünderes Essen oder für das Heizen ausgegeben wird, heißt meist ein Nein zu hören, wenn es um (auch kleine) Konsumwünsche geht, heißt keine Freund*innen zum Geburtstagsfest einladen zu können und es heißt in der Schule bei Kleidung, Klassenfahrten und der Ausstattung nicht mithalten zu können.

52.000 Kinder leben in Haushalten, in denen die Wohnung nicht angemessen warmgehalten werden kann, für 234.000 Kinder ist die Wohnung für die Anzahl der Mitbewohner*innen zu klein, 223.000 Kin­der leben in feuchten und von Schimmel befallenen Räumen.

BAUSTELLE 2 - Was ist schlimmer als Schule? Keine Schule!

Das Bildungswesen in Österreich wirkt, mehr als in den meisten EU Ländern, als Selektionsmaschine statt als Ausgleich für unterschiedliche und ungerechte Startbedin­gungen. Der Bildungsstand der Eltern wird in hohem Maß an die Kinder »vererbt«, obwohl wir eines der teuersten Bildungssysteme haben.

Nicht einmal fünf Prozent der Studierenden haben Eltern mit der Pflichtschule als höchs­tem Abschluss und überhaupt nur ein Prozent der Studierenden an Kunsthochschulen.

Die hehren Ziele, die Österreich mit der Kin­derrechtskonvention 1990 mitunterzeichnet hat und die 1992 auch in Kraft getreten sind, lauten in Artikel 28 und 29 zum Recht auf Bil­dung unter anderem:

»Die Vertragsstaaten erkennen das Recht des Kindes auf Bildung an; um die Verwirkli­chung dieses Rechts auf der Grundlage der Chancengleichheit fortschreitend zu errei­chen, werden sie insbesondere … die Entwick­lung verschiedener Formen der weiterführen­den Schulen allgemeinbildender und berufs­bildender Art fördern, sie allen Kindern ver­fügbar und zugänglich machen und geeignete Maßnahmen wie die Einführung der Unent­geltlichkeit und die Bereitstellung finanzieller Unterstützung bei Bedürftigkeit treffen; allen entsprechend ihren Fähigkeiten den Zugang zu den Hochschulen mit allen geeigneten Mit­teln ermöglichen. …« und weiter: »Die Ver­tragsstaaten stimmen darin überein, dass die Bildung des Kindes darauf gerichtet sein muss, die Persönlichkeit, die Begabung und die geis­tigen und körperlichen Fähigkeiten des Kindes voll zur Entfaltung zu bringen …«

Nun, da scheinen der Politik in den unter­schiedlichsten Regierungskonstellationen in den vergangenen drei Jahrzehnten nicht gerade viele »geeignete Maßnahmen« einge­fallen zu sein, obwohl sie seit Jahrzehnten von engagiertem Lehrpersonal, Bildungs- und Pro­testbewegungen entwickelt und gefordert werden: Gesamtschule für alle bis 14, Ganz­tagsschulen (mit gesundem Mittagessen), kleine Klassen, entrümpelte und neuaufge­setzte Lehrpläne, EDV-Ausstattungen an den Schulen, Lehrer*innenausbildung für alle Bildungsstufen, die pädagogische, didakti­sche und interkulturelle Kompetenz vermit­telt, Assistenz und Beratungsdienste an allen Schulen für verschiedene von Ausgrenzung bedrohte oder betroffene Schüler*innen, Programme, die Kinder aus sog. bildungsfer­nen Familien inkludieren u. v. a. m. Mit Stu­diengebühren wird im Hochschulbereich genau der entgegengesetzte Weg gegangen.

Dazu kommt aktuell aber, dass seit nun­mehr eineinhalb Schuljahren Kinder- und Jugendliche kaum in der Schule waren. Die Probleme mit »Home Teaching« sind inzwi­schen bekannt. Und sie haben wiederum Kinder aus sozial benachteiligten Familien besonders hart getroffen: kein Platz zum Lernen zu Hause, zuerst keine entsprechen­den Geräte, dann eventuell geliehene, die mit den Geschwistern geteilt werden müs­sen, keine Unterstützung durch Erwachsene, keine entsprechende Anleitung zum Lernen und Üben.

Für alle Kinder und Jugendliche gilt aber, seit mehr als einem Jahr keine oder nur wenige Kontakte zu ihren jeweiligen Alters­genoss*innen haben zu können. Keine ersten intimen, sexuellen Erfahrungen. Ob notwe­nige Entwicklungsschritte im Heranwachsen gelingen, hängt in jedem Kindes- und Jugendalter auch davon ab, in welcher Qualität sie mit anderen gemeinsam bewäl­tigt werden. Sie fanden und finden aber seit Monaten gar nicht gemeinsam mit Gleich ­altrigen statt. Der Stellenwert, der Kindern- und Jugendlichen gegeben wird, zeigte sich auch darin: Schulen und Universitäten waren eine der ersten Einrichtungen, die geschlossen wurden und eine der letzten, die ernsthaft wieder geöffnet wurden.

Besonders dramatisch wirken sich die Ausgrenzungsmechanismen auf Jugendliche aus, die überhaupt keinen Zugang zu Bil­dung oder Erwerbsarbeit finden, sog. NEETS (Not in Education, Employment or Training). Laut Statistik Austria waren das 2020 in Österreich neun Prozent aller Jugendlichen zwischen 14 und 25 Jahren. Dabei ist dies keine »Coronazahl« – 2004 waren es eben­falls 9 Prozent. In den Jahren 2005 bis 2019 konnten verschiedene Maßnahmen die Quote zwar auf sieben Prozent verringern, der Effekt wurde 2020/2021 aber aufge ­hoben.

BAUSTELLE 3 - G’sundheit!

Der Bildungsstand wirkt sich drastisch auf die Gesundheit und die Lebenser­wartung aus. Personen mit höherer Schul­bildung leben länger und verbringen mehr Lebensjahre in Gesundheit. Der Unter­schied macht bei Männern in Österreich sieben Jahre an Lebenserwartung aus, bei Frauen drei Jahre. Und wer meint, dass Menschen mit Pflichtschul- oder gar kei­nem Schulabschluss halt ihre Ernährungs­gewohnheiten weniger kundig gestalten, sollte bedenken, was miese Arbeitsbedin­gungen, feuchte Wohnungen, die durch Verkehrslärm und verschmutzte Luft unge­sund sind und der mangelnde Zugang zu entsprechender medizinischer Versorgung bewirken.

Der Zugang zum Gesundheitswesen wurde in den letzten Jahrzehnten durch den neoliberalen Sparzwang weiter einge­schränkt. (Intensiv-)Bettenabbau in den Spitälern rächt sich während der Pandemie an den Kranken und Beschäftigten. Für viele OPs war es schon bisher notwendig, eine private Zusatzversicherung zu haben, um nicht monatelang auf einen Termin warten zu müssen. Die Langzeitfolgen der Maßnahmen gegen Corona durch verscho­bene Behandlungen und Vorsorgeuntersu­chungen werden sich erst zeigen. Bekannt ist aber schon, dass die psychischen Pro­bleme gerade auch bei Kindern und Jugend­lichen dramatisch zugenommen haben, während die Behandlungs- und Beratungs­angebote nur sehr eingeschränkt zur Ver­fügung standen und zum Teil noch stehen.

Studien der Donauuniversität belegen, dass bereits im April 2020 Depressionen, Angstzustände und Schlafprobleme bis auf das Fünffache anstiegen. Folgeuntersu­chungen im Juni und September bestätig­ten dies. 26 Prozent der Bevölkerung sind von depressiven Verstimmungen betroffen, 23 Prozent von Angstsymptomen und 18 Prozent von Schlafstörungen.

Eine deutsche Studie zeigte, dass dies besonders für Menschen zwischen 18 und 24 Jahren gilt. 71 Prozent der Kinder und Jugendlichen fühlten sich durch die erste Welle der Pandemie belastet, der Anteil von Kindern und Jugendlichen mit psychischen Auffälligkeiten hat sich in etwa verdoppelt und ihr Gesundheitsverhalten hat sich ver­schlechtert. Sozial benachteiligte Kinder erlebten die Belastungen durch die Pande­mie besonders stark. Zwei Drittel der Eltern wünschten sich Unterstützung im Umgang mit ihrem Kind, die aber nicht zur Verfü­gung stand.

Handlungsfähigkeit erweitern

Sinnvoll scheint, auf Aktivitäten und poli­tische Forderungen zu setzen, die darauf abzielen, Handlungsfähigkeit zu ermögli­chen oder zu erweitern. Zum Beispiel dazu beizutragen, dass Menschen zusam­menkommen, zu ermöglichen, über sich und ihre Lage zu sprechen. Angebote zu schaffen, an denen man sich beteiligen kann.

Es heißt, Forderungen zu stellen, die dazu beitragen, den Menschen im Alltag mehr Handlungsspielraum zu geben.

Eine existenzsichernde Höhe des Arbeitslosengeldes und die Ausdehnung der Bezugszeit auf die Dauer der Arbeits­suche kann den enormen psychischen und finanziellen Druck auf eine zuneh­mende Zahl von Erwerbsarbeitslosen min­dern.

Es heißt, für Familien Transferleistun­gen zur Verfügung zu stellen, die dem Armutsrisiko »Familie mit Kind« wirksam begegnen, etwa durch die Verdoppelung der Familienbeihilfe als ersten Schritt zu einer Kindergrundsicherung.

Eine Energiegrundsicherung für alle kann als Schritt zu einem existenz ­sichernden bedingungslosen Grundein­kommen beitragen, Armut zu bekämpfen und soziale Ausgrenzung zu mildern.

Claudia Krieglsteiner, Sozialarbeiterin, Aktivistin der KPÖ

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Interview mit Kateřina Konečná, neu gewählte Vorsitzende der Kommunistischen Partei Tschechiens von Dagmar Švendová

Die jüngsten Parlamentswahlen in der Tschechischen Republik führten zum Scheitern der Linken, sowohl der Sozialde­mokrat*innen (ČSSD) als auch der Kommu­nist*innen (KSČM). Derzeit ist keine der Parteien im nationalen Parlament vertre­ten. Die KSČM erhielt nur 3,6 Prozent der Stimmen und erreichte damit das halbe Ergebnis von 2017. Damals hatte die Partei 7,76 Prozent und 15 Sitze und schloss mit Andrej Babiš (ANO-Bewegung) und der ČSSD ein Abkommen, die Minderheitsre­gierung von Babiš zu tolerieren (tatsäch­lich zu unterstützen). Das Toleranzabkom­men galt bis zum 13. April dieses Jahres und gab den Kommunist*innen ihren größten Einfluss auf die Innenpolitik seit der Revolution von 1989.

Zunächst einmal herzlichen Glück­wunsch zu Ihrer Wahl zur neuen Vorsitzenden der KSČM. Bei den Parla­mentswahlen wurde keine der größeren Parteien der Linken ins Parlament gewählt. Dies ist einzigartig in der Geschichte der Tschechischen Republik. Was bedeutet das für das Land und die Linke?

KATEŘINA KONEČNÁ: Die Tschechische Republik wird vollständig in der Hand einer rechten Koalitionsregierung sein, und das macht mir große Sorgen. Aus unserer Sicht besteht die Notwendigkeit, in die Menschen und unsere Gesellschaft zu investieren. Stattdessen werden wir Befürworter*innen einer Austeritätspolitik an der Macht haben. Ja, es ist sehr wahrscheinlich, dass die Linke für ihre Fehler bezahlt, aber diese Niederlage könnte nicht zu einem schlech­teren Zeitpunkt kommen. Unser Land braucht Einheit, Solidarität und mutige Entscheidungen, aber da wir nur Konserva­tive in der Regierung haben, wird nichts davon geschehen.

Worin sehen Sie die Ursachen für das schlechte Ergebnis der KSČM?

KATEŘINA KONEČNÁ: Ich glaube, das Problem lag eindeutig in der Koalition mit der Babiš-Regierung. Wir sind für unsere Wähler*innen unverständlich geworden und haben sie deshalb verloren. Wir haben nicht erklärt, was wir richtig gemacht haben, und wir haben viele Dinge falsch gemacht. Wir wurden nicht als gleichbe­rechtigter Partner gesehen, und das ließ uns schwach erscheinen.

Welches Potenzial hat die KSČM trotz dieser Niederlage?

KATEŘINA KONEČNÁ: Vor nicht allzu langer Zeit hatten tschechische Linkspar­teien die Hälfte aller Stimmen. Diese Men­schen verschwanden nicht. Sie fühlen sich einfach vergessen. Wir müssen uns wieder mit ihnen verbinden. Das ist natürlich leicht zu sagen und schwer zu tun, aber es muss getan werden. Während die rechte Regierung ein schlechtes Vorbild für Zusammenarbeit und Solidarität geben wird, müssen wir genau diesen Weg ein­schlagen. Die Pandemie hat uns gelehrt, wie wichtig das ist. Es gibt eine Stimmung für die Notwendigkeit, diejenigen zu unterstützen, die uns in Krisenzeiten gestützt haben, aber die Rechte weiß nur, wie sie Budgets kürzen und Dienstleistun­gen eliminieren kann. Ich glaube, die tschechischen Wähler*innen werden sich bald daran erinnern, warum man den Rechten nicht trauen kann, aber wir müs­sen klar sagen, was unsere Alternative ist.

Welche Verbündeten außerhalb der KSČM sehen Sie?

KATEŘINA KONEČNÁ: Die neue Regie­rung wird für viele Menschen Unsicher­heit und Konflikte erzeugen. Dann werden sich unsere Verbündeten zeigen. Bei der Linken geht es nicht nur um Parteien, sondern auch um Bewegungen und kon­krete Themen. Wir müssen unsere The­men mit Bedacht wählen und uns dadurch aus den Schwierigkeiten befreien, indem wir wieder einmal zeigen, dass unsere Partei sich wirklich darum kümmert.

Kann die Linke in Europa helfen?

KATEŘINA KONEČNÁ: Wir werden jede Hilfe brauchen, die wir bekommen kön­nen. Vor allem aus Ländern, deren Erfah­rungen unseren eigenen ähneln. Wir sind nicht die erste linke Partei, die außerhalb des Parlaments ist, und wir müssen uns von denen inspirieren lassen, die es geschafft haben, in ihre eigenen Parla­mente einzutreten. Wir glauben immer noch, dass es unsere Pflicht ist, die Bür­ger*innen unseres Landes zu schützen, und wir müssen einen Weg finden, dies zu tun.

Vielen Dank für das Gespräch.

Dagmar Švendová ist Spezialistin für EU-Recht und Gesetzgebung. Derzeit arbeitet sie bei trans­form! europe und ist für die Strategie in Mittel- und Osteuropa zuständig. Zuvor war sie als politi­sche Beraterin von Vladimír Remek, Mitglied des Europäischen Parlaments (GUE/NGL, tschechische Delegation), tätig.

Der Text erschien zuerst in englischer Sprache auf: www.transform-network.net, Übersetzung: Peter Fleissner.

Kateřina Konečná ist die erste Frau in der Führung der KSČM. Im Alter von 21 Jahren wurde sie die jüngste Abgeordnete für die Mährisch-Schlesische Region im Unterhaus des Parlaments und verteidigte ihr Mandat für drei weitere Amts­zeiten. 2014 wurde sie Mitglied des Europäi­schen Parlaments.

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Über den Weg der Grazer KPÖ – und über Nüsse, die noch zu knacken sind.

Eine Analyse von Franz Stephan Parteder

Es gibt unzählige Berichte und Analysen über den Wahlsieg der KPÖ in Graz. Teils mit Erstaunen, teils mit Zustimmung nehmen wir die unterschiedlichen Versu­che zur Kenntnis, unsere Arbeit politisch einzuordnen. Mir ist dabei ein Beitrag in der Wochenzeitung Liberté Hebdo aus Lille besonders aufgefallen. Darin beschreibt Jean-Pierre Tonder, seinerzeit Verantwort­licher für internationale Beziehungen der PCF (Region Nord), seine Besuche in Graz zu Beginn der 1990er Jahre und lobt unsere schon damals sichtbare offene Haltung, die sich von den traditionellen Formen der Parteidiplomatie deutlich unterschieden hat. Auch wir erinnern uns an den Genos­sen aus Frankreich: Er war es nämlich, der uns die Idee des Notruftelefons für Mieter Innen eingegeben hat. Er berichtete bei unserem Treffen über das »Telephone d’ur­gence« in Lille. Mit diesem Mieternotruf konnten KP-AmtsträgerInnen in der Region erfolgreich Delogierungen verhindern.

Mit unserem Mieternotruf begann die öffentliche Wahrnehmung der Grazer KPÖ als Wohnungspartei. Auf dieser Grundlage gelang Ernest Kaltenegger 1998 der Einzug in die Stadtregierung. Er wurde Wohnungs­stadtrat und begann, mit einem Großteil seines Politikerbezugs Menschen in Krisen­ Krisen­situationen zu helfen und am Jahresende an einem »Tag der offenen Konten« Rechenschaft über die Verwendung dieser Gelder abzulegen.

Caritas – oder mehr?

In den 23 Jahren, die seither vergangen sind, konnten die StadträtInnen der Grazer KPÖ und seit 2005 auch die Landtagsabge­ordneten insgesamt 2,3 Millionen Euro für diesen Zweck verwenden. Dies bedeutete eine konkrete Unterstützung für zahlreiche Personen, die sonst mit ihren Schwierigkei­ten kaum fertig geworden wären. Diese Aktion schuf darüber hinaus eine starke Welle der Sympathie für die Spitzenleute der KPÖ weit über den Kreis unserer Wäh­lerInnen hinaus. Die jährlichen Berichte über den »Tag der offenen Konten«, der in der Woche zwischen Weihnachten und Neujahr stattfindet, finden sich in faktisch allen regionalen Medien an prominenter Stelle. Ohne dass wir das aussprechen wür­den, werden Vergleiche zwischen dieser Haltung unserer MandatarInnen und der Praxis der meisten PolitikerInnen der herr­schenden Parteien gezogen. Angesichts der sich häufenden Korruptionsskandale fallen sie sehr positiv für uns aus.

Die abfälligen Urteile einiger Konkurrent ­Innen, die Ernest Kaltenegger oder Elke Kahr deshalb Stimmenkauf vorwerfen oder behaupten, dies wäre Caritas, aber keine Politik, prallen bei der Mehrheit der Bevöl­kerung ab. Sie verdienen trotzdem eine tie­fere Betrachtung, weil diese Behauptungen auch von fortschrittlichen Menschen ganz oder teilweise geteilt werden. Dass Spitzen­personen unserer Bewegung keinen von der Mehrheit der Bevölkerung abgehobe­nen Lohn erhalten sollen, ist keine Erfin­dung der Grazer KPÖ. Ein Blick in das Statut der KPÖ genügt, um das festzustellen. Ihren Ursprung hat diese Bestimmung im »Par­teimaximum«, das die Bolschewiki nach der Oktoberrevolution eingeführt hatten. Wir halten es für wichtig, dass auch große Par­teien mit vielen Mandaten an dieser Bestimmung festhalten, weil sich so die Lebensumstände von führenden Politiker ­Innen nicht allzu sehr von der Mehrheit der Bevölkerung abheben. Es gibt aber einen wichtigen Unterschied zum Partei

maximum: Während in einigen Parteien die Mittel aus den PolitikerInnengagen ano­nym in das normale Partei budget fließen, verwenden Elke Kahr oder Robert Krotzer diese Gelder direkt und persönlich für ihre Hilfsmaßnahmen. Dies schafft ein viel grö­ßeres Vertrauen.

Schritt für Schritt

Diese politische Entscheidung ändert für sich genommen nichts an der sozialen Lage der Menschen. Wenn das »nur« unsere ein­zige Innovation gewesen wäre und wir auf politische Initiativen im engeren Sinn ver­zichtet hätten, dann hätte die Kritik an der »Caritas«-KPÖ eine gewisse Berechtigung. Ein Blick auf unsere Arbeit zeigt aber, dass wir Schritt für Schritt vorgegangen sind und versucht haben, so viele Menschen wie möglich einzubeziehen. Es ging uns darum, mit öffentlichen Aktionen und Kampagnen soziale Forderungen durchzusetzen. Die erste große Aktion war das Eintreten für eine Kostenobergrenze in den städtischen Wohnungen. Wir stellten im Gemeinderat den Antrag, dass durch ein Grazer Woh­nungszuzahlungsmodell niemand mehr als 30 Prozent des Einkommens für die Woh­nung (Miete plus Betriebskosten) zahlen darf.

Zuerst wurde dieses Anliegen von den herrschenden Parteien auf die lange Bank geschoben, obwohl wir 17.000 Unterschrif­ten für diese Forderung gesammelt hatten. Wir stellten deshalb bei jeder Gemeinderats­sitzung vor dem Rathaus eine Mauer auf, die von Sitzung zu Sitzung länger wurde, und verteilten Flugblätter: »Sie mauern gegen eine sinnvolle Sozialleistung«, bis diese Forderung – noch vor unserem ersten gro­ßen Wahlerfolg – einstimmig im Gemeinde­rat beschlossen wurde. Im Jahr 2004 konn­ten wir mit einer Volksbefragung die Priva­tisierung der städtischen Wohnungen ver­hindern. Sie sind bis heute im städtischen Eigentum. Auf unsere Initiative hin wurde ein Kautionsfonds für städtische Wohnun­gen eingeführt, der seither von zahlreichen Gemeinden und vom Land Steiermark über­nommen wurde.

Mit unserer wachsenden Stärke – 1998 Einzug in den Stadtsenat, Übernahme des Wohnungsreferates, 2003 erstmals über 20 Prozent der gültigen Stimmen, 2005 Einzug in den Landtag Steiermark, 2012 zum zwei­ten Mal 20 Prozent, 2017 zweiter Stadtrat in Graz, und schließlich fast 29 Prozent der gültigen Stimmen und stärkste Partei im Gemeinderat – erweiterte sich der Radius unserer Arbeit. Wir wurden von einer Mie­terInnenpartei zu einer politischen Kraft, die alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens in Graz vom Standpunkt der arbei­tenden Menschen betrachtet und entspre­chende Initiativen setzt. Was anfangs (auch in der eigenen Partei) als Beschränkung betrachtet worden war, die dem umfassen­den Anspruch einer Partei unseres Typs entgegenstehen würde, stellt sich jetzt als der Ausgangspunkt für eine originelle Form der Parteientwicklung heraus, bei der es gelingt, immer breitere Kreise in unsere Arbeit einzubeziehen.

Gegenmodell zur etablierten Politik

Wir lernten durch die Verantwortung in der Stadtregierung auch die Mechanismen des bürgerlichen Politikbetriebs genauer kennen. Dabei versuchten wir, unsere starke Position im Rathaus mit ständigem Druck von unten zu verbinden, um Ver­schlechterungen für die Menschen abzu­wenden. Folgende Punkte kann man dabei verallgemeinern:

– Wir haben uns zuerst auf ganz wenige Punkte konzentriert. Man scheitert, wenn man zu viel auf einmal erreichen will. Eine kleine Bewegung, die sich verzettelt, wird immer klein bleiben.

– Wir machen eine Politik und eine Öffentlichkeitsarbeit, die den Bedingungen

unserer Zeit entsprechen. Dazu gehören auch die Personalisierung und das Nutzen alter und neuer Medien.

– Wir fühlen uns nicht als etwas Besseres als die Mehrheit der Bevölkerung. Wer in einer Zeit der Offensive der Reaktion Boden unter den Füßen bekommen und den Weg zu demokratischem und sozialem Fort­schritt öffnen will, der muss die Leute ernst nehmen und ihnen auch im täglichen Leben helfen. Unsere Losung »Wir alle sind Graz« bedeutet auch, dass wir für aus­nahmslos alle Menschen, die in Graz leben, da sind.

– Wir sind in unseren Aussagen glaub­würdig und machen nach einer erfolgrei­chen Wahl nichts anderes als wir vorher versprochen haben.

Als ein Gegenmodell zur herkömmlichen Politik sind wir deshalb über Graz und die Steiermark hinaus für viele Menschen inte­ressant geworden. Das bedeutet aber nicht, dass man uns in anderen Teilen des Landes oder auf Bundesebene einfach kopieren könnte.

Harte Nüsse knacken

Jetzt stehen wir vor einer neuen Herausfor­derung, für die es keine Rezepte gibt. Die KPÖ ist in der zweitgrößten Stadt Öster­reichs zur stärksten Kraft geworden. Wie können wir von dieser Position aus weiter­hin für unsere Ziele arbeiten, ohne in die Falle der Anpassung an das bestehende Gesellschaftssystem zu geraten? Gelingt es uns, die »normative Kraft des Faktischen« so gering zu halten, dass sie unseren Mar­kenkern nicht beschädigt?

Elke Kahr wird mit großer Wahrschein­lichkeit Grazer Bürgermeisterin. Die KPÖ dürfte in der kommenden Periode die stärkste Kraft in einer rot-rot-grünen Rat­hauskoalition sein, trotzdem bleiben wir in gesellschaftlicher Opposition in Öster­reich – und auch in Graz. Der Wahlsieg vom 26. September 2021 hat einen starken Wunsch nach Veränderung gezeigt, die gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse haben sich aber nicht geändert. Dazu kommt, dass die wirklich Mächtigen uns erstmals als Gefahr wahrnehmen, als Kraft, die ihre Pläne stören könnte. Davon zeugt nicht zuletzt die antikommunistische Kampagne in vielen Medien.

Es wird sehr viele Versuche geben, uns in den nächsten Monaten und Jahren scheitern zu lassen. Die Werkzeuge dafür sind vorhanden. Darüber hinaus machen die sich vertiefenden Krisenerscheinungen des finanzmarktgetriebenen Kapitalismus die Arbeit für die Grazer Bevölkerung nicht leichter. Vor allem wird von oben her alles unternommen werden, um zu verhindern, dass die positive Ausstrahlung unserer Arbeit zu einer österreichweit massenwirksamen fortschrittlichen politi­schen Kraft führt.

Wir müssen in Graz unter diesen Bedin­gungen Politik machen und auch jetzt Schritt für Schritt vorgehen. Den Mut dür­fen wir dabei nicht verlieren. Wir sind eine Partei für das tägliche Leben und für die großen Ziele der fortschrittlichen Arbeite­rInnenbewegung. Wir haben eine starke Position im Grazer Rathaus: drei Sitze im Stadtsenat, 15 GemeinderätInnen und 59 BezirksrätInnen. Das hat es in der Geschichte unserer Partei noch nie gege­ben. Weit wichtiger ist es aber, unsere Par­teiorganisationen zu stärken sowie den Kontakt und die Zusammenarbeit mit gro­ßen Teilen der Bevölkerung noch besser zu machen. Schritt für Schritt ist es gelungen, dass die KPÖ in Graz wieder alle Funktio­nen einer kommunistischen Partei, die Interessenvertretung, den politischen Kampf und die ideologische Auseinander­setzung beherrscht. Unsere Mitgliederzahl ist gewachsen.

Jetzt stehen wir vor unserer größten Herausforderung. Elke Kahr hat in der Sit­zung der KPÖ-Bezirksleitung am 8. Okto­ber 2021 festgestellt: »Wir müssen wie der Adler einen scharfen Blick auf die Zustände bei uns haben, wir müssen schlau sein wie ein Fuchs, um den Attacken gegen uns auszuweichen, und wir werden – hof­fentlich – stark werden wie ein Bär, um noch größere Herausforderungen zu stem­men. Eines dürfen wir aber nicht verges­sen: Unser Maskottchen in Graz ist das Eichkatzerl. Wir werden in Zukunft mit starkem Biss noch einige harte Nüsse zu knacken haben«.

Franz Stephan Parteder war Landesvorsitzender der KPÖ Steiermark und von 2003 bis 2012 stv. Bezirksvorsteher in Graz – Innere Stadt.

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Ein Mieter*innensyndikat in Österreich? Ein Dauerthema: steigende Mieten in und um die Ballungsräume. Der österreichweite Dachverbund »habiTAT« gibt darauf eine praktische Antwort: Immobilien werden dem Markt entzogen und in Gemeineigentum überführt.

Von Rainer Hackauf

Die Grundidee dafür ist in Freiburg in der Hausbesetzer*innenszene der 1980er Jahre entstanden. Im Mittelpunkt stand die Idee, Häuser kollektiv zu verwal­ten und unabhängig von Staat und Immobi­lienmarkt langfristig abzusichern. Selbstbe­stimmtes Wohnen sollte so für alle möglich sein. Heute gibt es rund 170 Wohnprojekte, die im gemeinsamen »Mietshäuser Syndi­kat« zusammengeschlossen sind. Der politi­sche Anspruch dahinter: Wohnraum ist keine Ware, keine Profite mit der Miete!

Baugruppen-Boom in Österreich

Nach einer langen Pause kam es in den letz­ten Jahren zu einem regelrechten Baugrup­pen-Boom in Österreich. Dabei ist das Syn­dikats-Modell nur eines unter zahlreichen anderen Modellen, das in den letzten Jah­ren zur Anwendung kommt. Denn Bau­gruppe ist nicht gleich Baugruppe. Viele der aktuellen Projekte funktionieren auf Basis von Privateigentum oder sind an genossenschaftliche Modelle angelehnt. Das spiegelt sich hier auch in der sozialen Zusammensetzung der Bewohner*innen wider, die oft einen hohen Bildungsab­schluss haben und finanziell gut abgesi­chert sind.

Doch es gibt auch eine Vielfalt alternati­ver Modelle dazu. Die »Wohnprojekte-Genossenschaft« (Die WoGen) etwa ist bewusst einen anderen Weg gegangen. Selbstverwaltete Wohngruppen können mit Unterstützung der Genossenschaft, die auch als Bauträger auftritt, ihr Wohnpro­jekt realisieren. Das zusammen mit den Bewohner*innen gebaute Objekt bleibt jedoch im Besitz der Genossenschaft. Die Bewohner*innen sind dort zwar Mitglieder, ihr Haus mieten sie jedoch über einen Ver­ein von der Genossenschaft nur an. Auch hier wird versucht, Wohneigentum von der Nutzung zu trennen. Eigenmittel der Bewohner*innen sind dennoch vonnöten.

Andere Projekte funktionieren nach dem Modell des »Vermögenspools«. Der Pool setzt auf eine spezielle Art des Crowdfun­dings. Geldgeber*innen haben zwar kein Nutzungsrecht, werden jedoch zur Absiche­rung ins Grundbuch aufgenommen.

Das Syndikats-Modell kurz vorgestellt

Einen Schritt weiter geht das Syndikats-Modell. Das »habiTAT«, wie das Mietshäu­ser Syndikat in Österreich heißt, wurde vor rund sieben Jahren von den Initiator*innen des selbstverwalteten Hausprojekts »Willy*Fred« in Linz gegründet. Zurzeit gibt es sechs weitere Hausprojekte im gemeinsamen Verbund. Wie in Deutschland werden auch in Österreich Häuser mit einem speziellen Rechtsmodell aus dem Immobilienmarkt »freigekauft«, um zukünftige Spekulation zu verhindern.

Im Zentrum des Modells steht dabei eine Gesellschaft mit begrenzter Haftung (GmbH) als Grundstückseigentümerin. An dieser sind je Immobilie zwei Gesellschafter beteiligt: einerseits der Dachverbund »habiTAT«, andererseits der jeweilige Hausverein. Diese Konstruktion ist notwen­dig, um dem Hausverein ein 100-prozenti­ges Nutzungsrecht einzuräumen. Der gemeinsame Dachverbund bekommt jedoch ein Mitspracherecht bei einem drohenden Verkauf der Immobilie. Und kann diesen verhindern.

Lieber 1000 Freund*innen im Rücken als eine Bank im Nacken

Finanziert werden die Immobilien dabei aus einer Mischung aus Bankkredit und Direktkrediten. Direktkredite sind Darle­hen von Privatpersonen, die dafür einen Zinssatz zwischen null und 1,5 Prozent selbst wählen können. Die Darlehen können jederzeit wieder gekündigt und damit zurückgefordert werden. Eine Win-Win-Win-Situation für alle Beteiligten. Geldge­ber*innen bekommen so mehr Zinsen als am Sparbuch. Zusätzlich wissen diese, was mit ihrem Geld passiert, statt das Geld ein­fach einer Bank zu überlassen. Wohnpro­jekte können so wiederum ihre Kreditzin­sen minimieren.

Durch diese spezielle Form des Crowdfundings wird es möglich, Immobi­lien unabhängig von den finanziellen Eigenmitteln zu kaufen. Die Nutzung wird somit komplett vom Eigentum der Immobi­lie getrennt. Nutzer*innen sind weder Eigentümer*innen noch Miteigentümer*innen einer Immobilie. Geldgeber*innen haben wiederum kein Mit­spracherecht bei der Nutzung. Der Immobi­lienbesitz ist im Netzwerk verteilt (»neu­tralisiert«) und wird so zum Gemeineigen­tum.

Möglichkeiten und Grenzen des Modells

In Bezug auf Größe und Form einzelner Projekte ist das Syndikats-Modell sehr fle­xibel, wie anhand der bestehenden »habi­TAT«Projekte in Österreich sichtbar wird. Während das Hausprojekt »Willy*Fred« ein Altbauzinshaus aus dem Immobilienmarkt freigekauft hat, wurde etwa durch das Pro­jekt »SchloR – Schöner leben ohne Rendite« ein 3.100m² großes Gewerbegrundstück in Wien-Simmering gekauft, um dort ein Werkstätten-, Wohn- und Kulturzentrum zu errichten. Das Projekt »Bikes and Rails« im Sonnwendviertel nahe dem Hauptbahn­hof hat hingegen auf einem Pachtgrund­stück der Stadt Wien neuen Wohnraum geschaffen.

Das Mietshäuser Syndikat in Deutschland ist hier noch einen Schritt weiter. Dort beginnen sich Städte für das Modell zu interessieren, um leistbaren Wohnraum zu schaffen. Zudem sind Immobilien innerhalb des Syndikats nicht in Gefahr, wieder priva­tisiert zu werden. Nicht ohne Grund wur­den in der kürzlich zu Ende gegangenen Ausstellung »Boden für alle« im Architek­turzentrum Wien Projekte wie »SchloR – Schöner leben ohne Rendite« auch als mög­liche Zukunftsmodelle für einen solidari­schen Umgang mit Grund und Boden prä­sentiert.

Kollektives Wohnen im »Roten Wien«

Wien wird international gerne als Vorbild für kommunalen Wohnbau herangezogen: 43 Prozent der knapp 700.000 Wohnungen sind hier im direkten Besitz der Gemeinde oder einem anderen Träger des sozialen Wohnbaus. Doch die rasanten Mietsteige­rungen werden dabei gerne verschwiegen. So hat eine Studie einer privaten Immobi­lienfirma ergeben, dass 43 Prozent der Wie­ner*innen mehr als 40 Prozent des monatli­chen Haushalts-Nettoeinkommens für ihre Miete ausgeben. Während bei dem hohen Anteil an geförderten Wohnungen rasante Mietsteigerungen abgefedert werden, explodieren diese am freien Wohnungs­markt dafür in Folge der Finanzkrise.

Dabei wäre die Kombination aus Selbst­verwaltung von Mietshäusern und finan­zieller Unabhängigkeit durch kommunale Unterstützung auch für Wien ein interes­santes Zukunftsmodell. Was leistbaren und ökologischen Wohnraum für die Mehrheit der Bevölkerung angeht, könnte durch das Aufgreifen zumindest einzelner Elemente der Selbstverwaltung an das sozialistische Projekt des »Roten Wiens« der Zwischen­kriegszeit angeschlossen werden. Aller­dings waren die Selbstverwaltung durch die Bewohner*innen oder gar kollektives Woh­nen in der Tradition des sogenannten Aus­tromarxismus kaum Thema – orientierte man sich doch am Konzept der bürgerli­chen Kleinfamilie und entsprechenden Wohnformen. Dies änderte sich auch nach 1945 nur langsam. Beispielhafte Wohnpro­jekte wie der Megablock »Alt Erlaa« wur­den der roten Stadtverwaltung zu gefähr­lich. Selbstverwaltete Bereiche der dorti­gen Bewohner*innen waren zu wenig kon­trollierbar und daher unheimlich.

Wege aus der Krise

Die aktuelle Wohnungskrise ist auch eine Folge verfehlter Bau- und Bodenpolitik sozialdemokratischer Gemeindepolitik in Wien. Während die Gemeinde die eigene Bautätigkeit bald nach der Jahrtausend­wende komplett eingestellt hat, kam es in der Folge der globalen Finanzkrise auch in Wien zu einem rasanten Anstieg der Boden­preise. Diesem Anstieg sah man lange weit­gehend tatenlos zu. Erst im März 2019 wurde schließlich eine neue Flächenwid­mung beschlossen. Überall, wo Flächen in Wohngebiet umgewandelt werden, sind nun zwei Drittel für den sozialen Wohnbau vorgesehen. Wie sich diese neue Regelung auswirkt, bleibt noch abzuwarten.

Die Bodenpreise sind zurzeit auch das größte Hindernis für Projekte wie das »habiTAT«. So ist es nicht nur in Wien extrem schwierig, ein bestehendes Miets­haus zu kaufen. Auch an finanzierbare Bau­grundstücke zu kommen ist kaum möglich. Dies ist aber keine Besonderheit des Syndi­kats-Modells, betrifft dies doch den sozia­len Wohnbau als Ganzes. Denn auch für gemeinnützige Wohnbaugenossenschaften sind die gestiegenen Bodenpreise ein gro­ßes Problem. Hier könnte die Stadt sowohl beim Kauf als auch beim Bau mit billigen Krediten unter die Arme greifen. Letztend­lich braucht es aber auch in Wien eine poli­tische Diskussion um den Zugriff auf Grundstücke und Immobilien, wie sie in Berlin etwa durch die Initiative »Deutsche Wohnen & Co enteignen« angestoßen wurde.

Rainer Hackauf ist seit Jahrem im Kontext unterschiedlicher Recht-auf-Stadt-Initia­tiven aktiv. Zudem ist er Mitinitiator des Pro­jekts »SchloR - Schöner leben ohne Rendite« in Wien-Simmering.­

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